Brüssels großes Herz

Brüssel, Nationalbasilika des Heiligen Herzens

 

Brüssel, Nationalbasilika des Heiligen Herzens
IconBrüssel, Nationalbasilika des Heiligen Herzens

 

Ausgeruht und frisch gestärkt vom guten Frühstück – auch heute gab es wieder frische Croissants, Marmeladen und nette Plauderei mit unserem Gastgeber – starten wir in den heutigen Tag. Zunächst suchen wir uns wieder ein Auto, denn Mobilität ist gefragt.

Schon seit unserer Ankunft fällt uns immer wieder eine riesenhafte Kirche auf, die auf einem Hügel thront und in bzw. um Brüssel weithin zu sehen. Was für ein Gotteshaus ist das denn? Es handelt sich um die Herz-Jesu-Nationalbasilika am Koekelberg. Ah! Genau die wollen wir uns jetzt aus der Nähe anschauen.

So groß die Kirche, so klein der Stadtteil – Koekelberg ist mit nur 1,17 Quadratkilometern Fläche die kleinste von Brüssels 19 zweisprachigen Gemeinden. Trotzdem ist der Stadtteil auch über die Grenzen Belgiens hinaus für die National­basilika bekannt. Diese ist nicht nur ein Wahrzeichen der belgischen Hauptstadt, sondern rangiert auch unter den 5 größten Gottes­häusern der Welt. Und je näher wir der Kirche kommen, desto deutlicher wird diese Tatsache.

Wir suchen einen Parkplatz und gehen durch einen Teil des Elisabeth Parks zu Fuß. Sozusagen das Rückgrat des Parks bildet eine von Bäumen gesäumte Allee in Form eines „L”, dem Anfangsbuchstaben des Namens Leopold II., der zum damaligen Zeitpunkt belgischer König war. Am Ende des Parks ist der gigantische Kirchenbau weder zu übersehen, geschweige denn zu verfehlen.

Zuerst wollte Leopold II. anstelle der alten Windmühle aus dem 16. Jahrhundert, die hier einmal stand, zum 75. Jahrestag der Unabhängigkeit Belgiens im Jahr 1830 ein Pantheon für berühmte Belgier errichten lassen.

Brüssel, Nationalbasilika des Heiligen Herzens

 

Brüssel, Nationalbasilika des Heiligen Herzens
IconBrüssel, Nationalbasilika des Heiligen Herzens

 

Brüssel, Nationalbasilika des Heiligen Herzens
IconBrüssel, Nationalbasilika des Heiligen Herzens

 

Die Bevölkerung goutierte das nicht sonderlich, woraufhin der König seine Pläne änderte und nach einem Besuch in Paris 1902, wo von die Basilika Sacre-Coeur am Monmartre beeindruckt war, seine Pläne änderte und eine neogotische Kathedrale hier am Koekelberg beauftragte.

Der Architekt Pierre Langerock erhielt den Auftrag, doch 1909 starb Leopold der II. während die Fundamente noch nicht einmal fertig waren und danach brach der Erste Weltkrieg aus. Ein Baustopp war die Konsequenz.

Erst 1920 wurde der Architekt Albert Van Huffel mit der Fortführung nach neuen, natürlich billigeren Entwürfen beauftragt. Aus der neogotischen Kathedrale wurde ein symbolträchtiger Ziegelbau im modernen Art-deco-Stil mit kubistischen und zackigen Elementen. Die 10 Seitenkapellen symbolisierten beispielsweise die neun Provinzen Belgiens sowie den Kongo.

Die feierliche Kirchenweihe 1951 dauerte dann ganze 2 Tage, weil man aufgrund der Größe des Monumentalbaus nicht alle Wände an einem Tag mit Weihwasser besprengen konnte.

Brüssel, Nationalbasilika des Heiligen Herzens
Stiegenhaus

 

Brüssel, Nationalbasilika des Heiligen Herzens
Modell

 

Brüssel, Nationalbasilika des Heiligen Herzens

 

In ihrer heutigen Form weist die Basilika eine Länge von 141 m im Hauptschiff und eine Breite von 107 m im Querschiff auf. Damit rangiert sie unter den größten Kirchen der Welt und gilt außerdem als das weltweit größte Gebäude im Art-deco-Stil. Ca. 2.000 Personen finden im Inneren Platz.

Aber auch die Höhe von 93 m ist durchaus beachtlich, wobei sich auf 53 m Höhe eine Aussichtsplattform befindet. Da werden wir sicherlich einen tollen Ausblick auf Brüssel haben. Also nichts wie hinauf!

Tatsächlich sieht man von der Panoramaterrasse weit über Brüssel. Direkt unter uns führen die Straßen sternförmig weg und scheinen bis zum Horizont zu reichen. Es ist ein wenig bewölkt, aber zumindest nicht sehr diesig.

Als wir uns satt gesehen haben, gehen wir zu Fuß Stockwerk um Stockwerk wieder hinunter. Dadurch können wir nicht nur die klassische Schönheit der Architektur bewundern, sondern haben auch einen guten Blick auf den riesigen Innenraum.

Brüssel, Nationalbasilika des Heiligen Herzens
IconBrüssel, Nationalbasilika des Heiligen Herzens
Modell

 

Brüssel, Nationalbasilika des Heiligen Herzens

 

Brüssel, Nationalbasilika des Heiligen Herzens

 

Sehr gut gefällt uns auch das maßstabsgetreue Modell der Nationalbasilika, das in einem Seitenraum auf einem Holzgerüst aufgestellt ist. Von allen Seiten kann man hier in aller Ruhe den Monumentalbau betrachten, ohne ihn wirklich ablaufen zu müssen.

Beim Verlassen von Gotteshaus und umgebendem Park kommen wir noch am Restaurant Basilic im Fundament bzw. Keller der Kirche vorbei. Wer hier das Ausschenken von Klostersüppchen vermutet, hat weit gefehlt, denn es handelt sich bei Le Basilic um ein Show-Restaurant.

Bei typisch belgischer oder auch internationaler Küche werden hier wechselnde Unterhaltungsprogramme geboten, selbst eine brasilianische Revue soll schon darunter gewesen sein. Jetzt im Moment ist das Lokal jedoch geschlossen, sodass unser ohnehin geringes Interesse erst gar nicht in eine Versuchung umgewandelt werden könnte.

Nach obenDie schönen Künste

Brüssel, Kleine Zavelsquare
Statue Egmont und Hoorn

 

Brüssel, Kleine Zavelsquare
Park

 

Nun geht es wieder zurück in die Innenstadt, wo wir uns zunächst den Park am Kleine Zavelsquare ansehen. Der Platz ist im flämischen Neo-Renaissance-Stil angelegt und gilt als ein architektonisches Kleinod der Brüsseler Innenstadt.

Dass es nicht nur die Monumente und Skulpturen, der schmiedeeiserne Zaun und die Bronzestatuen, sondern auch noch Pflanzen voller Symbolkraft sind, die den Zauber des Parks ausmachen, ist Charles Buls zu verdanken.

Dieser Herr beschloss 1880 umfangreiche Verschönerungs­maßnahmen für das Viertel hier, die er dank seines Amtes als Bürgermeister von Brüssel auch umsetzte.

Während die 48 Bronzestatuen entlang des Zauns die Brüsseler Handwerkszünfte zeigen, sieht man im hinteren Teil die Statuen von 10 großen belgischen Humanisten. Ein lustiges Detail ist, dass 4 der Zunft-Skulpturen alle das Gesicht des Architekten Henri Beyaert tragen.

In der Mitte des Parks befindet sich die zentrale Statue, welche die Grafen von Egmont und von Hornes zeigt. Die beiden Adeligen stellten sich im 16. Jahrhundert der spanischen Tyrannenherrschaft entgegen.

Keine 10 Gehminuten entfernt befindet sich am Fuße des Mont des Arts das Musee Magritte, in dem auf 2.500 m² die umfangreichste Sammlung der Welt an Werken des belgischen Künstlers zu sehen sind. Karin hatte schon als Jugendliche ein Faible für den Surrealisten René Magritte. Poster berühmter Werke wie „Stimme des Blutes” und „Das Reich der Lichter” aus der gleichnamigen Serie zierten einst die Wände des Mädchenzimmers und wollen nun unbedingt im Original betrachtet werden.

Brüssel, Magritte Museum

 

Brüssel, Magritte Museum

 

Brüssel, Magritte Museum

 

Neben den bekannten Werken entdecken wir im Museum auch für uns Neues wie ein Gemälde, das uns ganz fatal an die Wotruba-Kirche in Wien erinnert („L’Art de la conversation”), oder eine Briefmarke. Letztere trägt den Namen „Le Vrai Visage de Rex” und wurde von René Magritte 1937 für das „Wachkomitee der Antifaschistischen Intellektuellen” entworfen.

Die Marke zeigt Leon Degrelle (ein wallonischer Politiker und Nazi Kollaborateur), der in einen Spiegel blickt, aus dem ihm Hitler entgegensieht. Gruselig!

Knapp 2 Stunden später haben wir unseren Ausflug ins Reich des Surrealismus beendet und stehen wieder vor dem Gebäude des ehemaligen Kaufhauses „Old England”, dem heutigen Musikinstrumente Museum.

Den Berg der Künste hinab schlendernd hören wir zuerst ein paar Straßenmusikern zu, die mit Saxofon und Keyboard ausgezeichneten Jazz spielen. Schon großartig, dass man für so ein Konzert weder Tickets braucht noch Eintritt zahlen muss. Gerne geben leisten wir aber einen Obolus und lassen ein paar Münzen in den aufgestellten Becher fallen.

Brüssel, Magritte Museum
IconBrüssel, Magritte Museum

 

Brüssel, Magritte Museum

 

Brüssel, Magritte Museum

 

In den Arkaden gibt es ein weiteres Beweisstück lebendiger Kunst in Brüssel – die Open Wall. Hier können passionierte Sprayer ungestraft ihrer Leidenschaft frönen und die Wand mit Graffiti ver­schönern – oder zumindest bunter gestalten.

Im Gegenteil, sie werden sogar dazu aufgefordert! Zugegebener­maßen ist es Karin, bei der diese moderne, urbane, sehr bunte und vielleicht nicht immer ästhetische Ausdrucks­form besonderen Anklang findet.

Nach obenDes Pinkelknabens neue Kleider

Brüssel, Musikinstrumente Museum

 

Brüssel, Sackgasse

 

Brüssel, Mont des Arts (Kunstberg)
IconBrüssel, Mont des Arts (Kunstberg)
Graffiti

 

Unweit des Mont des Arts befindet sich eine Sackgasse. Sackgassen sind generell ein bisschen etwas Besonderes in Brüssel. Ende des 19. Jahrhundert, als die Industrialisierung fortschritt und die Nachfrage nach Arbeitskräften anstieg, tauchten die Impasses, wie sie in Französische genannt werden, plötzlich überall in der Stadt auf.

Der Grund war, dass die vielen ArbeiterInnen, welche meist von außerhalb der Stadt kamen, ja irgendwo untergebracht werden mussten und so wurden da und dort Unterkünfte errichtet, sodass Durchfahrten oder -gänge plötzlich zugunsten von Wohnungen unpassierbar wurden – impassable eben. Das Phänomen der Sackgassen griff in Brüssel um sich, bis es schließlich über 370 solcher Cul-de-sacs gab.

Heutzutage findet man immer noch einige Impasses, die mittlerweile nichts mehr mit den beengten und wenig hygienischen Zuständen in der Zeit ihrer Entstehung zu tun haben. Wo damals mitunter 200 Personen untergebracht waren, die sich genau eine Toilette teilen mussten, sind mittlerweile liebevoll gepflegt und verträumte Orte entstanden, die sich zu versteckten Schätzen der Stadt entwickelt haben.

Brüssel, Manneken Pis

 

Brüssel, Manneken Pis

 

Brüssel, Manneken Pis

 

Ein solcher Ort ist das Impasse du Val des Roses. Am toten Ende der Gasse befindet sich ein erst kürzlich restauriertes Fresco eines Waldes. Von weiter weg wirkt es täuschend echt und man meint fast hier einen Weg ins Grüne gefunden zu haben.

Am anderen Ende des Impasse befindet sich die Rue du Chene und hier auf Nummer 19, ganz unweit des berühmten Brüsseler Wahrzeichens Manneken Pis, ein weiterer ungewöhnlicher Ort – Manneken Pis Garderobe.

Die Brunnenstatue aus dem frühen 17. Jahrhundert, bekannt unter dem Namen Manneken Pis, ist heutzutage mehr als nur ein Symbol für Brüssel und Belgien. Seit Brüssel politische Hauptstadt der EU ist, steht der kleine Pinkelknabe auch für Meinungsfreiheit, Widerstandsgeist und demokratische Werte.

Bereits seit 1698 wurde die Statue immer wieder kostümiert. 1944 pisste er in einer Zeichnung auf flüchtende Wehrmachtssoldaten und Hakenkreuze und jetzt wird das Manneken ebenfalls gerne eingekleidet, um zu mahnen, zu demonstrieren oder einfach Spaß zu haben.

Brüssel, Atomium
IconBrüssel, Atomium

 

Brüssel, Atomium

 

Brüssel, Atomium
IconBrüssel, Atomium

 

Seine wachsende Garderobe – pro Jahr kommen ca. 20 bis 30 neue Kleider dazu – stellt der Pinkelknabe eben im gleich­namigen Museum aus. Natürlich gibt es auch allerhand Geschichte und Geschichten über Herkunft und Bedeutung der Kostüme zu erfahren.

Unseren Rundgang durch die Innenstadt beenden wir mit einem letzten Blick auf den Grand Place und das prachtvolle Gebäude der ehemaligen Börse, welches heute ein beliebter Ort für Veranstaltungen und Ausstellungen ist.

Ein wenig ruhen wir uns im Anschluss in unserem Zimmer aus, um später am Abend nochmals mit dem Stativ zum Expo-Gelände zu fahren und das Atomium zu fotografieren und zu filmen, während es von den hunderten LED Lichtern zauberhaft beleuchtet wird.

Wir finden, dass der Tag somit „Im Reich der Lichter” einen würdigen Abschluss findet. Gute Nacht!

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