Guten Morgen!
Alexander in seinem Element, fotografieren |
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Während Karin noch eine Runde im Bettchen döst und anschließend Kaffee macht, geht Alexander auf die Jagd nach Frühstück. Quasi zweimal ums Eck von unserem Apartment wird er fast schon magisch von einem Schild angezogen: „People who love to eat are ALWAYS the BEST People”.
Na, bei so einem Willkommen muss man doch gleich hinein in das „Maison Dandoy”, einer auf einem 1829 gegründeten Familienbetrieb aufgebauten belgischen Bäckerei-Kette. Seit 150 Jahren beherrschen Butter und Zucker das traditionsreiche Geschäft. Klar, dass Alexander hier etwas Gutes und Süßes für unseren Tagesstart findet.
So gestärkt machen wir uns auf in die nahe Innenstadt, denn heute wollen wir uns das eine oder andere Museum ansehen.
Zunächst zieht es uns ins Museum Plantin-Moretus, ein Zusammenschluss mehrerer Patrizierhäuser rund um den Vrijdagmarkt.
1549 kam ein gewisser Christopher Plantin aus der Gegend von Tour in Frankreich und ließ sich in Antwerpen nieder.
Er war ein geschickter Buchbinder und Saffianarbeiter und alsbald auch über die Stadt Antwerpen hinaus bekannt. Durch eine Verwechslung wurde er Opfer eines Überfalls und im Zuge dessen so schwer verwundet, dass er nach seiner Genesung die Buchbinderei nicht mehr ausüben konnte.
Plantin griff daraufhin auf seinen früher erlernten Beruf des Buchdruckers zurück, um sich und seiner Familie den Lebensunterhalt zu sichern. 1550 ließ er sich als Bürger von Antwerpen einschreiben und wurde in die Innung der Buchdrucker aufgenommen.
Museum Plantin-Moretus |
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Museum Plantin-Moretus |
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Museum Plantin-Moretus |
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Im 1562 kam es abermals zu einem Vorfall, wobei Plantin angeklagt wurde, ein ketzerisches Buch vervielfältigt zu haben. Aus der peinlichen Untersuchung ging er unbescholten hervor, kehrte Antwerpen jedoch den Rücken und ging für ein Jahr nach Paris. Die Druckerei ließ er an Freunde, die als Gläubiger auftraten, veräußern.
Ein Jahr später kehrte Plantin aus Paris zurück und verband sich mit einem der besagten Scheingläubiger sowie dessen Bruder geschäftlich. Dem so gegründeten Compagniegeschäft traten alsbald noch zwei weitere Gesellschafter bei.
Plantins Buchdruckerei nahm immer höheren Aufschwung. Er gewann viele tüchtige Mitarbeiter als Korrektoren und Sprachgelehrte bei ihm arbeiteten und wusste diese auch lange bei sich zu behalten. Als Beispiel sei hier Cornelius van Kiel genannt, der ganze 50 Jahre als Korrektor in der Plantin’schen Druckerei tätig war.
Den Gelehrten der griechischen und orientalischen Sprachen, Franz van Ravelingen, band er durch Verheiratung mit seiner ältesten Tochter Margarethe an sich und auch ein weiterer Schwiegersohn, Johann Moretus, Ehemann der zweiten Tochter Martine, war eine kräftige Stütze.
Museum Plantin-Moretus |
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Anfänglich war die Anzahl der Verlagsartikel aus dem Hause Plantin noch gering, doch sowohl die Anzahl der Pressen, als auch der Werke steigerten sich rasch. Fast alle Fächer wurden abgedeckt, von Theologie über Jurisprudenz und Geschichte bis zu fremdsprachigen Texten und sogar Musikalien.
Mittlerweile durch seine Meisterwerke der Typographie bekannt, wurde Plantin vom spanischen König Philipp II. beauftragt, liturgische Bücher für sämtliche Länder der spanischen Monarchie zu drucken und wurde dafür steuerlich befreit. Dieser Erlass der „Zahlung der Zehnten” begründete schlussendlich auch den künftigen Reichtum der Familie Plantin-Moretus.
Doch die ehrenvolle Stellung bei Hofe brachte Plantin nicht nur Gutes, sondern auch finanzielle Bedrängnis. So musste er besonders viele Typen anschaffen, um die gestalterisch anspruchsvollen Aufträge zu realisieren oder zusätzliche Angestellte beschäftigen, um alle Druckereien des Landes zu beaufsichtigen.
Museum Plantin-Moretus |
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Obwohl er das vom König verliehene Amt bald auf seine Bitte hin wieder niederlegte, war es kaum möglich, die Kosten für die aufwändigen königlichen Aufträge zu erwirtschaften, sodass Haus und Druckerei in Paris weit unter Wert verkauft werden mussten.
Die Kämpfe in den Niederlanden führten zu Plünderungen durch die Spanier, von denen auch Plantins Haus in Antwerpen nicht verschont blieb. 2 Jahre lang lebte und arbeitete Plantin daraufhin in Leyden, kehrte jedoch 1585 wieder nach Antwerpen zurück.
Zwar war das Verlagsgeschäft als Folge der zeitlichen Umstände nicht mehr so bedeutend wie zuvor, doch fand Plantin immer noch das Auslangen mit seiner Druckerei. Er starb 1589 im Alter von 75 Jahren in Antwerpen und wurde hier im Dom beigesetzt.
Nachdem Plantins einziger Sohn jung starb, ging das Antwerpener Geschäft samt Liegenschaften an den Schwiegersohn Jean Moretus über. Bis ins Jahr 1867 führte die Familie Plantin-Moretus die Verlagsgeschäfte fort und verkaufte dann am 20. April des genannten Jahres das Anwesen an die Stadt Antwerpen, die es 1877 der Öffentlichkeit als Museum zugänglich machte.
Museum Plantin-Moretus |
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Museum Plantin-Moretus |
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Museum Plantin-Moretus |
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All das erfahren wir aus einem kleinen Buch, den wir als Museumsführer erhalten haben, während wir durch die 31 Räumlichkeiten des Museums schlendern.
Aus 13 Häusern besteht die Liegenschaft, die im Laufe der Zeit von der Familie erbaut, erworben und verbunden wurden. Das Anwesen ist heute noch in einem Zustand, wie dies 1763 der Fall war.
In den Räumlichkeiten ist vielfältiges und kostbares Inventar aus dem Familienbesitz zu bewundern, das sich im Laufe von 3 Jahrhunderten angesammelt hat. Natürlich sehr viele Dinge, die mit der Buchdruckerei zu tun haben, aber auch Gemälde, Mobiliar und Sammlerstücke sind ausgestellt.
Als wir so zwischen den Schaukästen hin und her wandern, sieht Karin plötzlich ein vertrautes Gesicht. Na sowas! Der Reiseclub ihres Arbeitgebers ist ebenfalls in Antwerpen unterwegs und einige Kolleg:innen besuchen auch gerade das Museum.
Eine Mitarbeiterin der Museumsaufsicht erzählt uns, dass hier lauter Freiwillige arbeiten. Einfach weil sie so begeistert von dem Museum sind.
Sie zeigt uns in letztem Saal auch noch etwas ganz Besonderes. Im letzten Zimmer, das gänzlich anders als die anderen, eher gotischen Räumlichkeiten ist, befindet sich über der Türe ein Trompe l’Oeil in ganz fantastischer Ausarbeitung. Sehr beeindruckend!
Museum Plantin-Moretus |
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Nach dem Besuch dieses großartigen und empfehlenswerten Museums bummeln wir nun in Richtung Rubenshaus.
Im Altstadtkern von Antwerpen gibt es viele größere und kleinere Plätze und so kommen wir auf unserem Spaziergang an so stimmungsvollen Örtlichkeiten wie dem Groenplaats, dem Eiermarkt und dem Melkmarkt vorbei und schlendern durch die Meir, einer der bekanntesten Einkaufsstraßen Antwerpens, bis wir schließlich am Wapper ankommen.
Wapper, so nennt sich der Platz, an welchem auch das Rubenshaus gelegen ist. Doch bevor wir uns im nächsten Museum in eine andere Zeit entführen lassen, verlangen unsere Mägen ihr Recht: Wir haben Hunger!
The Bistro liegt nur wenige Schritte vom Rubenshaus entfernt und lockt uns mit Tischen im Freien und zufriedenen Gesichtern der Gäste. Wir lassen uns nieder und bestellen je eine Käse- und eine Garnelenkrokette. Sehr gut und sättigend!
Antwerpen, Rubens Museum |
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Antwerpen, Rubens Museum |
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Nach unserer Rast laden wir beim Rubenshaus angekommen erst einmal die Museumsführer-App auf unsere Handys. So haben auch gleich den Audioguide, der uns durch die Räumlichkeiten führt.
Natürlich ist Peter Paul Rubens weltweit bekannt – auch in Wien gab es umfangreiche Ausstellungen zu Leben und Werken des Künstlers - und als größter Sohn Antwerpens überall präsent in der Stadt. Dennoch erfährt man viele interessante Details, derer man sich als leidlicher Kenner der bildenden Künstler vielleicht nicht so bewusst ist.
Ganz anders als andere Künstler seiner Zeit war es Peter Paul Rubens beispielsweise möglich, wie ein Fürst in einem Stadtpalais zu leben. Papa Jan Rubens war Ratsherr und angesehener Patrizier im Antwerpen des 16. Jahrhunderts sowie später Anwalt der Anna von Sachsen, was ihn nach Siegen verschlug, wo er aufgrund eines Konfliktes mit deren Ehemann Wilhelm von Oranien festgehalten wurde. Siegen, nicht Antwerpen, war übrigens auch der Geburtsort von Peter Paul.
Nach Jan Rubens Tod zog der zehnjährige Peter Paul mit seiner Mutter zurück nach Antwerpen, wo er den größten Teil seines Lebens, mit Ausnahme eines 8-jährigen Italienaufenthaltes, verbrachte.
Just jener Italienaufenthalt war es auch, der den Stil des Rubenshauses prägte, denn der Künstler ließ sein Palais, die Werkstatt und den Garten in Anlehnung an die italienischen Renaissancepalazzi gestalten. Das Palais ließ er 1610 nach seiner Hochzeit mit seiner ersten Frau, Isabella Brant, bauen.
Antwerpen, Rubens Museum |
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Antwerpen, Rubens Museum |
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Antwerpen, Rubens Museum |
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Rubenshaus, Garten |
Außer den eigentlichen Wohnräumen richtete Rubens eine große Werkstatt ein, in der seine Lehrlinge im Laufe der Zeit an die 2500 Gemälde fertigten. Selbstverständlich unter der strengen Aufsicht des Meisters selbst. Dieser wiederum arbeitete in einer eigenen Werkstatt im oberen Stockwerk, wo er Portraits, Zeichnungen und kleinere Werke schuf.
Peter Paul Rubens verbrachte den größten Teil seines Lebens in diesem Palais, in dessen Wohnräumen er 1640 schlussendlich an der Gicht verstarb. Eine Krankheit übrigens, die in der damaligen Zeit ebenfalls auf ein eher wohlhabende Lebensumstände hinwies, die den Konsum von Fleisch und Alkohol zuließ.
Nach Rubens Tod war sein Palais fast 300 Jahre in Privatbesitz und wurde vermietet, verkauft und aufgeteilt. Erst 1937 kaufte die Stadt Antwerpen Wohn- und Werkstätte ihres berühmtesten Sohnes, restaurierte das Anwesen und eröffnete es 1946 als Museum Rubenshaus.
Der Garten, der mittlerweile zum European Garden Heritage Network gehört, wurde in den Jahren 1993 und 2001 aufgebessert. Die Umstände waren mangels historischer Quellen schwierig, doch ist die Aufwertung wunderbar gelungen und der Garten mit seinen von Buchs gesäumten Beeten, den großen Töpfen mit Zitrusbäumchen, den hölzernen Lauben und den steinernen Pavillons ist ein wahres Schmuckstück.
Nebst den interessanten Details zu Peter Paul Rubens sind natürlich viele schöne Kunstwerke ausgestellt und beschrieben. Versteht sich!
Antwerpen, Bahnhof Antwerpen-Centraal |
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Nach zwei Museumsbesuchen am heutigen Tag, wenden wir uns nun einem Gebäude zu, welches zwar ebenfalls in diversen Reiseführern hochgelobt wird, allerdings einem ganz anderen Zweck dient, nämlich dem Bahnhof Antwerpen-Centraal.
Bahnhöfe haben ja für Menschen, die so wie wir das Reisen lieben, ohnehin schon ein ganz besonderes Flair. Antwerpen-Centraal setzt dem noch eins obendrauf, da es sich wirklich um ein sehr schönes, reich verziertes Gebäude handelt und über den Gleisen auch noch ein schönes halbrundes Glasdach auf Stahlkonstruktion zu bewundern ist.
Der eklektizistische Stil des Empfangsgebäudes, das nach Entwürfen von Louis de la Censerie errichtet wurde, erinnert uns an die Grand Central Station in New York während die Bahnhofshalle aus Stahl, deren Konstruktion auf den Ingenieur Clement Van Bogaert zurück geht, uns den heimatlichen Franz-Josefs-Bahnhof in seiner alten Form vors geistige Auge ruft.
Antwerpen, Bahnhof Antwerpen-Centraal |
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Wir bewundern die Fassade, die Eingangs- und die große Bahnhofshalle. Kaum zu glauben, dass diese historisch anmutende Pracht Gleise auf mehreren Ebenen bietet, sowie einen Tunnel, der auch von den Hochgeschwindigkeitszügen nach Schiphol befahren wird.
Dass der Bahnhof als Kulisse für verschiedene Spielfilme genutzt wurde, das können wir uns allerdings gleich lebhaft vorstellen.
Die Nachmittagsmüdigkeit schlägt zu und so kehren wir auf Kaffee und einen geteilten Brownie bei Starbucks ein, um der Unterzuckerung entgegen zu wirken.
Beim Verlassen des Bahnhofsgebäudes sehen wir rechts am Koningin Astridplein den Eingang zum Zoo und die königliche zoologische Vereinigung in einem ebenfalls wunderschönen Gebäude mit reichen Verzierungen. Da gibt es ein Kamel auf einem Türmchen, Eichhörnchen-Fliesen neben Balkonen, Mosaike von Tiger und Löwe beim Tierarteneingang um nur einige Beispiele der verspielten Details zu nennen.
Am anderen Ende des Platzes befindet sich China-Town, dessen Eingang von einem chinesischem Tor markiert wird und wo es die typischen Läden gibt.
Unser Spaziergang führt uns weiter zu Het Steen, dem ehemaligem Befestigungsfort in Antwerpen. Das zu den ältesten erhaltenen Gebäuden Antwerpens zählende Bauwerk war die Burg und später auch das Gefängnis der Stadt. Davon zeugt noch das Kreuz über dem Eingang, wo die zum Tode Verurteilten vor ihrer Hinrichtung das letzte Gebet sprachen.
Antwerpen, Chinesisches Tor |
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Ab 1823 wurde die Stadtburg dann für verschiedene Zwecke genutzt, darunter Wohnhaus, Sägewerk, Fischlager und Museum. Heute ist hier nur mehr ein mittelprächtiges Kaffee, sonst nichts.
Das alte Fleischerhaus gegenüber schaut auch wie kleine Stadtburg aus. Es ist das ehemalige Gildenhaus der Fleischer und wurde um 1250 im gotischen Stil erbaut. Das Fleischerhaus wurde auch als Markthalle genutzt, wo die Fleischhauer bzw. Metzger ihre Waren feilboten. Da Antwerpen im 16. Jahrhundert zu einem der wichtigsten Handelszentren Europas wurde, reichte die Kapazität des alten Fleischhauses nicht mehr aus und es wurde ein neues Vleeshuis an der gleichen Stelle errichtet. Allerdings gleich doppelt so groß!
Unter der französischen Besatzung im Jahr 1810 verlor das Fleischerhaus seine Funktion und wurde nach verschiedenen anderen Widmungen und Renovierung schlussendlich als Museum der Musik genutzt. Als wir davor stehen hat es allerdings gerade geschlossen.
Alexander geht voran und führt uns nun zu einem Platz, den wir im Reiseführer markiert haben. Die Gegend ist irgendwie naja, doch schließlich erreichen wir die markierte Stelle. Warum jetzt? Hier ist es doch gar nicht schön? Was sollen wir denn hier anschauen? Bald haben wir des Rätsels Lösung und müssen schallend lachen: Karin hat sich bei der Adresse unseres Apartments vertippt, weswegen wir jetzt ein bisserl im Nirgendwo stehen.
Antwerpen, Suikerrui |
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Liebfrauenkathedrale |
Antwerpen, Burg Steen (Hetsteen) |
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Eigentlich wäre uns nach einem Päuschen, jedoch finden wir hier im Abseits nicht so ganz das Richtige für eine Einkehr. Das River Café ist ein Restaurant. Für ein Essen können wir gerne reservieren, nur Kaffee oder Getränke serviert man allerdings nicht. Ah, eh! Passender Name dann.
Wir ziehen weiter und folgen dem St. Michels Kai entlang zu unserem Apartment. Ein wenig ruhen wir uns vom vielen Herumlaufen aus und gehen zum Abendessen dann in La Boqueria gleich ums Eck.
Hier gibt es ganz ausgezeichnete spanische Tapas, bei deren frischer Zubereitung man dem freundlichen Koch zusehen kann. Hervorragend! Dazu trinken wir Wasser und einen guten Cabernet-Merlot, wovon Karin leider ein halbes Glas auf ihre Hose gießt. Das satte Weinrot vermischt sich mit dem blau-weißen Wellenmuster zu einem ganz neuen Design! Ob sich das jemals wieder rauswaschen lässt?
Wir sind satt, müde und sehr froh, dass es nicht weit zu unserem Apartment ist. Müde fallen wir in unser Bett und alsbald in einen tiefen, erholsamen Schlaf.