Antwerpen, Sint-Michielskaai |
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Apartment Kaai 11, Balkon |
Ein letztes Mal wachen wir in unserem Rotterdamer Apartment im 10. Stock auf, weil uns die Sonne in der Nase kitzelt. Rasch frühstücken, fertig packen und auschecken, denn heute geht es weiter nach Antwerpen. Wir sind schon gespannt, was die nächste Stadt alles zu bieten hat!
Nach Antwerpen ist es eine Fahrt von etwas mehr als einer Stunde. Leider gibt es auf der Autobahn zahlreiche Baustellen, was immer wieder Stau erzeugt und die Anreise in die Länge zieht.
Schlussendlich kommen wir aber doch in Antwerpen und finden das hier gemietete Apartment am Sint-Michielskaai samt kostenlosem, öffentlichem Riesenparkplatz direkt am Fluss Schelde gleich davor. Das ist ja super! Wir können es kaum fassen, dass es in einer Stadt wie Antwerpen nur 10 Minuten Fußweg vom Zentrum entfernt einen kostenlosen Parkplatz gibt.
Jetzt ist es gegen 11:00 Uhr, Check-In in unser Apartment wäre eigentlich erst ab 15:00 Uhr möglich. Egal, wir probieren es trotzdem. Eine freundliche junge Dame checkt uns ein und gibt uns die Zugangscodes, das Zimmer ist aber noch nicht fertig für uns. Macht nichts. Wir bringen unser Gepäck hoch, nehmen die Fotosachen und ab geht’s in Richtung Altstadt.
Antwerpen, Sint-Annatunnel |
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Zuerst legen wir eine Getränkepause im Schanigarten des Café Kleine Tunnel ein. Das Lokal ist ein wenig urig und befindet sich in der Hoogstraat, gleich ums Eck vom Sint-Annatunnel. Wir sitzen also gemütlich, Alexander ruht sich vom etwas nervigen Fahren mit den vielen Baustellen aus, und schauen.
Das gehört zu Karins Lieblingsbeschäftigungen, wenn wir in einer fremden Stadt ankommen. Erst einmal sitzen und schauen, die Atmosphäre aufnehmen, eintauchen in den neuen Ort. Zu zweit macht es gleich doppelt so viel Spaß!
An diesem speziellen Ort, dem Café Kleine Tunnel, nimmt man nur Bargeld und der Kellner kann unsere aufkeimende Entspannung erst teilen, als wir die letzten baren Groschen zusammenkratzen und auf den Tisch legen. So, jetzt ist wieder alles gut und wir können in Ruhe austrinken.
Im Anschluss überqueren wir den vor uns liegenden Platz, um uns den Fußgänger- bzw. Fahrradtunnel anzusehen. Der Sint-Annatunnel wurde im Jahr 1933 eröffnet und verbindet das linke mit dem rechten Schelde-Ufer.
Antwerpen, Sint-Annatunnel |
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Schon 1874 waren sich die Antwerpener einig, dass eine Verbindung der beiden Ufer und somit der beiden Stadtteile notwendig ist. Zuerst plante man eine Brücke, doch die würde den Schiffverkehr behindern und wurde deswegen abgelehnt.
Der Tunnel wird auch heute noch von vielen Einwohnern Antwerpens genutzt, die tagtäglich unter der Schelde das Ufer wechseln, um zur Arbeit und wieder nachhause zu kommen. Lebendige Geschichte also.
Genau das denken wir auch, als wir die alten Holzrolltreppen sehen, die in die Tiefe unter den Fluss führen. Da gibt es auch einen Aufzug, in den wir gleich einsteigen. Eigentlich ist er nur für Fahrräder gedacht, doch das lesen wir erst, als wir schon mittendrin stehen und nach oben fahren.
Antwerpen, Grote Markt |
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Weiter geht es nun auf den Grote Markt, den zentralen Platz in Antwerpens historischer Altstadt. Bereits 1220 schenkte Herzog Heinrich I. von Brabant diese Fläche der Stadt zur gemeinschaftlichen Benutzung. Die Bürger nutzen die Fläche als Marktplatz und bauten zentrale Verwaltungsgebäude wie Gilde- und Zunfthäuser drum herum.
Der Marktplatz wurde zum Treffpunkt vieler Kaufleute aus dem In- und Ausland, die hier Handel und Geschäft trieben. Schlussendlich führte der Grote Markt dann dazu, dass Antwerpen zum Ende des 15. Jahrhunderts zur bedeutendsten Handelsstadt der Niederlande wurde.
Antwerpen, Grote Markt |
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Als wir auf dem Platz ankommen, sind wir erstmal beeindruckt: wow, wirklich sehr schön! Das Rathaus dominiert die Westseite, ringsum Häuser mit tollen Fassaden und goldenen Figuren auf den Dächern. Passenderweise gibt es auch das eine oder andere Lokal, das den gleichen Namen trägt, wie das Hauszeichen z.B. „Der Engel”.
Nach einer Runde um den riesigen Platz, bei der wir die vielen, wunderschönen Details am dem Gebäuden bewundern, lassen wir uns auf ein Mittagessen mit Aussicht nieder. Wir bestellen zwei belgische Bier und Stoofvlees mit Pommes frites, was uns der Kellner wärmstens empfiehlt.
Stoofvlees ist eine Art belgisches Bier-Gulasch. Ein wirklich sehr guter Slow Cooker und butterweich. Wegen des Geschmacks wird mit Fett durchzogenes Fleisch verwendet, doch durch das lange, langsame Schmoren wird alles davon verkocht und ist ganz zart. Hmmmmm!
Nachdem die Hauptspeise so gut war, fragen wir nach einer Empfehlung für einen Eissalon. Le Faubert, wo wir uns die Nachspeise kaufen wollen, hat aber leider zu. Stattdessen finden wir einen Laden, der Frozen Yogurt mit Früchten anbietet. Eine perfekte Alternative!
Als wir fertig geschleckt bzw. gelöffelt haben, betreten wir die Liebfrauenkathedrale, um diese zu besichtigen. Der Turm der Kathedrale, die zu den Höhepunkten brabantischer Baukunst gehört, ist seit 1999 Teil des Weltkulturerbes der UNESCO.
An dem Platz, wo die Liebfrauenkathedrale heute steht, befand sich schon seit dem 10. Jahrhundert eine Marienkapelle. Natürlich gab es Vergrößerungen, Umbauten, Zerstörungen und Wiederaufbau. Selbst als Viehstall wurde das 1559 zur Kathedrale erhobene Gotteshaus während der Französischen Revolution zeitweilig genutzt.
1965 wurde mit der Restaurierung der arg in Mitleidenschaft gezogenen Kirche begonnen, die dann 1993 im Wesentlichen abgeschlossen war.
Heute erstrahlt die Liebfrauenkathedrale in altem Glanz. Auch das Innere ist sehr schön und sehenswert. Neben vier Gemälden von Peter Paul Rubens haben es uns vor allem das das geschnitzte Chorgestühl von Karel Hendrik Geerts und die Beichtstühle mit Figuren angetan.
Antwerpen, Liebfrauenkathedrale |
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Antwerpen, Liebfrauenkathedrale |
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Später erfahren wir von Karins Arbeitskollegin, auf die wir treffen, da sie zufällig mit dem Reiseclub zeitgleich in Antwerpen ist, die Geschichte der Redewendung „etwas auf dem Kerbholz haben”.
Hier in der Liebfrauenkathedrale war es sogar üblich, seine Sünden anschreiben zu lassen, bis Kerbholz voll war. Erst dann war die Beichte fällig, durch welche die Vergebung der Schuld erfolgte.
Beim Verlassen des Gotteshauses kommen wir an Nello und Patrasche vorbei, die hier vom Kopfsteinpflaster zugedeckt schlafen. Die beiden sind die Hauptfiguren aus dem 1872 veröffentlichten englischen Kinderbuch „A Dog of Flanders”, das eine sehr rührende und traurige Geschichte erzählt.
Antwerpen, Handschoenmarkt |
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Nello und Patrache Statue |
Falls Du es auch nicht kennst mag das daran liegen, dass das Buch selbst bei den Belgiern weniger bekannt ist als in Japan, wo es viele Fans gibt.
Vor einem kleinem Hotel-Café mit Blick auf die Kathedrale lassen wir uns auf handgemachte Pralinen und 2 Espresso nieder. Über belgische Schokolade könnten wir stundenlang schwärmen. Schade nur, dass sich allzu exzessiver Genuss so deutlich auf den Hüften zeigt.
Damit wir nicht länger in Versuchung geführt werden, setzen wir unseren Spaziergang durch Antwerpens Altstadt gleich fort und finden die „schönste Gasse der Welt”.
Antwerpen, Vlaeykensgang |
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Es ist der malerische Vlaeykensgang aus dem 16. Jahrhundert, ein geheimes Gässchen, das früher von armen Leuten bewohnt wurde. Auch die Schuhmacher lebten hier, welche die Notglocke der Kathedrale läuten mussten.
Heute hat die Armut dem Luxus Platz gemacht und es finden sich Antiquitätenläden und Galerien sowie ein exklusives Restaurant an diesem Ort.
Es heißt, dass man nirgends in der Stadt das Glockenspiel der Kathedrale so gut hört, weswegen vor allem im Sommer viele Besucher hierherkommen, um die Konzerte zu hören. Dass sie das noch können ist ein Glück, denn wäre es nach den Stadtplanern der 1960er Jahre gegangen, so stünde jetzt hier ein Parkhaus.
Antwerpen, Theater Toneelhuis |
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In den umliegenden Gassen der Altstadt laden viele nette Geschäfte zum Bummeln ein. Es gibt individuelle Boutiquen, Designerläden und Concept Stores, das Einerlei der großen Ketten sucht man hier glücklicherweise vergeblich.
Unser Stadtrundgang hat uns wieder zurück zu unserer Bleibe geführt, die nun für uns bereit ist. Das Apartment befindet sich im 4. Stock, hat eine Terrasse und Blick auf den Fluss Schelde. Sehr hübsch in Resedagrün mit schwarzen Akzenten ist das Interieur. Ein wenig richten wir uns häuslich ein ruhen vom Herumlaufen aus. Doch dann zieht es uns nochmal hinaus in die Stadt.
Karin ersteht einen Bikini von Marlies Dekkers, jener niederländischen Dessous- und Bademode-Designerin, deren Stücke auch von Stars wie Rihanna oder Lady Gaga getragen werden und die nicht nur Kult, sondern auch noch bequem sind. Na, da kann man doch nicht vorbeigehen!
Antwerpen, Begijnhof |
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Antwerpen, Begijnhof |
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Als Kontrastprogramm zum sündigen Dessous- und Bademodengeschäft besuchen wir nun den Beginenhof für eine kurze Runde. Kurz deswegen, da es bereits knapp vor 18:00 und damit Sperrstunde ist und die ältere Dame, die uns gerade noch eingelassen hat, mit dem Zusperren auf uns wartet.
Sehr, sehr hübsch und romantisch ist diese Ruhe Oase! Ein großer, gepflegter Garten rundherum kleinere Zellen sowie größere Wohnungen, riesige Stockrosen und das alles von Ziegelmauern umgeben, die diese Idylle schützen.
Um die Geduld der alten Dame nicht überzustrapazieren überlassen wir den Beginenhof den abendlichen Sonnenstrahlen und schlendern weiter, ein Plätzchen für unser Abendessen zu suchen.
Bei der Nationalbibliothek werden wir fündig. Ein ruhiger Gastgarten, wenig Leute, eine schattige Linde – perfekt! Wir bestellen jeder ein Kroketten-Duo mit Salat. Das Essen schmeckt gut und es ist soweit auch angenehm hier.
Doch leider wird die schattige Linde Alexander alsbald zum Verhängnis, da er offensichtlich allergisch darauf ist. Gerötete Augen und ein juckender Gaumen lassen uns das Weite suchen, kaum dass wir den letzten Bissen geschluckt haben.
Zur Kühlung und Linderung gibt es noch ein Frozen Yogurt beim Heimgehen und dann bleiben wir bei geschlossenen Fenstern im Apartment, damit der gequälte Allergiker wieder Luft bekommt.
Eine hoffentlich erholsame, gute Nacht und bis morgen!