Guten Morgen! Jeder von uns beiden hat den Umständen entsprechend geschlafen – Alexander sehr gut, Karin so lala. Wir machen uns rasch fertig und hüpfen die Treppe hinunter ins Erdgeschoss, um das Frühstück, das wir zu unserem Zimmer im Hotel Mij dazu gebucht haben, einzunehmen.
Das Frühstück ist jeden Cent wert!!! Unbedingt zu empfehlen, selbst wenn man von der indonesischen Reistafel am Vorabend immer noch voll ist.
Das Lokal ist recht stylish eingerichtet. Das Frühstück kommt auf einer Etagere, die auf eine Holztafel zum Drehen gestellt wird. Es gibt Müsli, Eierspeise, Schinken, Käse, Brot Croissant, Scones, Marmelade… Mmmmmmh! Alles frisch zubereitet und sehr, sehr lecker. Es wird gegessen, bis der Bauch spannt. Man kann sich ja nachher eventuell noch kurz mit Bodylotion einschmieren gegen die Dehnungsstreifen.
Mehr als satt und gut geschmiert verlassen wir nach dem Ausschecken Alkmaar und fahren zum ersten Etappenziel unseres heutigen Reisetages, nach Haarlem.
Haarlem, St-Bavo-Kirche |
---|
Bekannt als Tulpenhauptstadt, liegt Haarlem mitten im Zentrum des Anbaugebietes für Zwiebelblumen, dem sogenannten Bollenstreek. Hier soll es im Frühjahr, zur Zeit der Tulpenblüte einen wahren Farbrausch auf den ausgedehnten Blumenfeldern geben.
Natürlich sind auch Tausende Touristen zu dieser Zeit hier unterwegs. Alle wollen den Bollenstreek und die ebenfalls in diesem Landstrich gelegene, berühmten Gartenanlage Keukenhof in voller Blüte sehen.
Wir sind etwas später im Jahr unterwegs. Zwar gibt es jetzt keine Tulpenmeere und keinen Blumenkorso, dafür geht es wesentlich beschaulicher zu und wir haben Zeit und Platz, alles in Ruhe anzusehen.
Haarlem, St-Bavo-Kirche |
---|
Gleich nach unserer Ankunft besuchen wir den Grote Markt, den zentralen Platz der Stadt, der uns ein wenig an Bremen erinnert. Umringt von barocken Stiftungshäusern, romantischen Hofjes und geschichtsträchtigen Gebäuden wie dem Rathaus und der St.-Bavo-Kathedrale, ist der Grote Markt Herzstück und Schmuckkästchen zugleich.
Zunächst besichtigen wir die St.-Bavokerk, die aus dem 15. Jahrhundert stammt und einen hohen Vierungsturm besitzt. Dieser ist aus Holz und mit Blei verkleidet und weithin sichtbar.
Haarlem, Grote Markt |
---|
Zwischen den 1890er und den 1930er Jahren wurde die Kathedrale nach den Plänen des Architekten Joseph Cuypers erbaut. Ein wenig sieht das Gebäude aus wie Cinderella’s Schloss, was auf die vielen Türme und Türmchen zurückzuführen ist.
Bemerkenswert die Geschichte, nach der die Türme durch Spenden aus der Bevölkerung finanziert wurden. Es wurde dazu eine Sparbüchse in Form einer Kathedrale aufgestellt, mit je einem Einwurfschlitz für Männer und einem für Frauen. Cuypers errichtete dann auch einen eigenen Turm für Männer und einen für Frauen. Der Frauenturm ist an der Art-Déco Uhr erkennbar, die ihn ziert und dokumentiert, dass die Frauen mehr für ihren Turm gespendet haben, als die Männer. Deswegen ist er auch prächtiger ausgestaltet.
Prächtig ist auch die reich vergoldete Müller-Orgel an der Westwand im Inneren der Kirche. Das Instrument mit mehr als 25 überlebensgroßen Statuen stammt aus dem Jahr 1738. Viele berühmte Musiker haben schon auf dieser Orgel gespielt. Unter anderem Mendelssohn, Händel und auch Mozart im zarten Alter von 10 Jahren.
Haarlem, Grote Markt |
---|
Statue Laurens Janszoon Coster |
Haarlem, Binnen Spaarne |
---|
Auch sehr eindrucksvoll sind das Sterngewölbe aus Zedernholz über Mittelschiff und Chor, sowie das geschnitzte Chorgestühl und das Gitter aus Messing.
Wieder draußen am Platz sehen wir uns auch die Fleischhalle und das Rathaus an. Beide Gebäude stammen aus dem sogenannten Goldenen Zeitalter, das Haarlem einen großartigen wirtschaftlichen Aufschwung und daraus folgend einen regelrechten Bauboom bescherte.
Sowohl Fleischhalle als auch Rathaus wurden von Stadtbaumeister Lieven de Key errichtet und sind als architektonische Meisterwerke bekannt.
Haarlem, Binnen Spaarne |
---|
Haarlem, Binnen Spaarne |
---|
Es gibt auch eine Fischhalle aus dem 18. Jahrhundert, die heute so wie die Fleischhalle als Museumszweigstelle dient. Der Hauptsitz befindet sich in einem ehemaligen Männeraltersheim, das auch von Stadtbaumeister Lieven de Key erbaut wurde und dem berühmtesten Maler Haarlems gewidmet ist: Frans Hals.
Wir schlendern noch ein wenig durch die Stadt, die mit ihren Grachten, Kopfstein gepflasterten Straßen und hübschen Geschäften durchaus charmant ist. Weniger charmant ist leider das Wetter. Es ist grau, tröpfelt immer wieder mal und auch die Temperaturen haben kaum Sommerliches an sich. Beim Starbucks am Bahnhof kaufen wir uns jeder ein Getränk to go um uns die Hände auf dem Rückweg zu unserem Auto daran zu wärmen.
Unser nächster geplanter Stopp ist der malerische Ort Spaarndam, nur wenige Kilometer nordöstlich von Haarlem. Spaarndam ist ein netter kleiner Hafenort auf einem Deich, der die Spaarne und das IJ trennt. Den Deich, der zeitweise die einzige Landverbindung zwischen Haarlem und Amsterdam darstellte, ließ 1285 Graf Florens V. von Holland errichten. Die Stadt lebte von der Fischerei und vom Wegzoll.
Von der amerikanische Schriftstellering Mary Mapes Dogde stammt die Erzählung „Hans Brinker oder die silbernen Schlittschuhe”, die 1865 erstmals veröffentlicht wurde. Es geht in der fiktiven Geschichte um das Leben in Holland im Allgemeinen und insbesondere um den mühsamen Kampf gegen das Wasser, dem die Holländer jedes Fleckchen Land abringen mussten.
Der Junge Hans Brinker soll dereinst eine ganze Nacht lang seinen Finger in ein Loch im Deich gehalten haben, damit Haarlem nicht überflutet wird. Zum Dank hat sich der niederländische Tourismusverband glatt entschlossen, ein Denkmal für Hans zu errichten.
Obwohl der Ort mit seinen Giebelhäusern wirklich idyllisch ist, laden Wind und Regen leider gar nicht zum Spazieren ein. Wie schon gestern machen wir in unserer Mittagspause ein Picknick im Auto mit Blick auf das Wasser. Von letzterem gibt es ja mehr als genug hier. Die holländischen Tapas von Albert Heijn sind auch immer noch reichlich vorhanden und schmecken heute genauso gut wie gestern. Herz, oder besser Magen, was willst Du mehr?!
Nach der Mittagspause geht es nun weiter nach Utrecht. Angenehmerweise sind all die Städte ja nicht weit voneinander entfernt, sodass immer nur eine kurze Fahrt zwischen A und B liegt.
Unser Apartment finden wir dank der guten Wegbeschreibung gleich und es ist auch schon bereit für uns. Es liegt im Zentrum, ist hübsch eingerichtet und hat als besonderes Goodie eine nette, verglaste Veranda mit Blick auf den Glockenturm des Doms. Das werden wir sicherlich genießen!
Utrecht ist eine ganz entzückende Stadt. Man sagt sie hätte alles, was Amsterdam hat – Grachten, Kirchen, alte Häuser, etc. - aber enger beisammen und weniger überlaufen. Stimmt irgendwie.
Das Wetter ist jetzt ein wenig besser, hin und wieder blinzelt sogar die Sonne zwischen den Wolken hervor. Ideal für eine erste Erkundungstour der näheren Umgebung.
Utrecht, Florahof |
---|
Utrecht, Oudegracht |
---|
Gleich ums Eck von unserem Apartment befindet sich das Domquartier. Schon im 7. Jahrhundert haben fränkische Missionare hier ein erstes hölzernes Kirchlein im ehemaligen römischen Kastell errichtet, das dann später unter Erzbischof Willibrord aus Stein um- und ausgebaut wurde.
Brände, Wiederaufbau, finanzielle Nöte, Umbau, Bildersturm … viel hat der Dom zu St. Martin durchgemacht. Das, was sein Aussehen wohl am meisten verändert hat, war ein furchtbarer Sturm am 1. August 1674, der das Mittelschiff der Kirche einstürzen ließ.
Die stehengebliebenen Reste wurden mit einer provisorischen Wand abgeschlossen, vor welcher derzeit ein Sandmodell an die Katastrophe und die Zerbrechlichkeit von Mensch und von Menschenhand Erschaffenem im Angesicht von Naturgewalten erinnert.
Utrecht, Oudegracht |
---|
Und gleich daneben noch ein Mahnmal, im Gedenken an den niederländischen Widerstand gegen die deutsche Besatzung während des Zweiten Weltkriegs. So schwach sind wir Menschen und gleichzeitig so stark…
Gleich unter dem Domturm, dem wohl beeindruckendsten Wahrzeichen der Stadt, dem wir später einen ausgiebigen Besuch abstatten wollen, hinter einer Buchhandlung, findet sich ein Stück vergessene Geschichte.
Jahrelang sträflich vernachlässigt wurde Flora’s Hof von Freiwilligen zu neuem Leben erweckt und steht jetzt der Allgemeinheit zum Besuch offen. Einstmals stand hier der Bischofspalast und später war es Heim der Landschaftsarchitektenfamilie Van Lunteren. Heute ist Flora’s Hof eine wunderschöne Grünoase mitten in der Innenstadt. Klar, dass wir durch das prächtige Tor eintreten und den geheimen Garten erkunden müssen.
Utrecht, Botanischer Garten |
---|
Utrecht, Oudegracht |
---|
Weiter führt uns unser Spaziergang durch Utrechts hübsche Straßen und entlang der Grachten. Ein Geschäft mit bunten Zeichen an den Fenstern und einem Fahrrad vor der Auslage (what else?) erregt unsere Aufmerksamkeit. Wir stehen vor dapp, dem ersten biologischen Frittenladen von Utrecht.
Pommes Frites sind ja in Belgien erfunden worden, so sagt man, und gelten dort und in den Niederlanden als Nationalspeise. Der Unterschied zu unseren banalen Pommes ist nicht nur, dass sie doppelt statt einfach frittiert werden, sondern dass Ketchup eher selten dazu gereicht wird. Vielmehr begleiten die goldenen Erdäpfelschnipsel entweder Köstlichkeiten wie Hummer, Muscheln und Co oder werden ihrerseits mit besonderen Saucen und Mayonnaisen, z.B. mit Trüffel, begleitet.
Utrecht, Dapp Frietwinkel |
---|
Hier ist nicht nur alles frisch und selbstgemacht sondern auch noch bio. Na, da müssen wir doch unbedingt probieren!
Wenig später verlassen wir den Laden also mit einem Stanitzel Bio-Fritten mit Bio-Mayonnaise von ganz glücklichen Freilandhendln. Die Kalorien, die wir da in uns reinfuttern, legen sich dann auch sicher ganz bio um unsere Hüften.
So, kaum haben wir die Pommes Frites vertilgt, geht es nun so richtig los mit Hunger und Durst und wir suchen einen Ort, wo wir etwas trinken und noch einen Happen essen können.
Utrecht, Einkaufszentrum |
---|
Utrecht, Steenweg |
---|
Entlang der Oudegracht, deren Verlauf wir durch das Stadtzentrum Utrechts folgen, hat das Mittelalter erfreulicherweise recht deutliche Spuren hinterlassen. Im 13. Jahrhundert haben sich hier die reichsten Utrechter Familien Gebäude aus Stein errichten lassen, sogenannte Stadtschlösser.
Fast alle anderen Häuser, selbst die der betuchteren Bürger, waren zur damaligen Zeit aus Holz und Lehm und sind heute leider nicht mehr erhalten. Doch die Stadtschlösser überdauerten die Zeit und ziehen heute noch bewundernde Blicke auf sich ob ihres romantischen Aussehens.
Das Stadskasteel Oudaen kam 1395 in den Besitz der Familie Oudaen. Es diente ab Mitte des 18. Jahrhunderts für ca. 200 Jahre als Altersheim und war danach kurze Zeit Sitz einer Studentenvereinigung. Seit 1986 kann man in dem mittlerweile denkmalgeschützten Schloss mit dem höchsten Wehrturm Utrechts wunderbar essen, trinken und feiern.
Utrecht, Oudegracht |
---|
In den oberen Stockwerken wird gefeiert, im Erdgeschoss gibt es Restaurant und Grand Café und in den Kellergewölben befindet sich die Dampfbierbrauerei, wo bestes Gebräu hergestellt wird.
Man könnte eine Brauerei-Tour machen, wenn man angemeldet wäre, oder man schaut sich einfach so ein bisschen im Inneren um, während man z.B. die Toiletten sucht. Drinnen findet man prächtige Gemälde, die von Festbanketten erzählen und auch interessente historische Wandreliefs wie z.B. das Wahrzeichen der Sackträgergilde.
Utrecht, Steenweg |
---|
Frites Atelier, Fucking Perfect |
Wir lassen uns an einem freien Tisch mit Blick auf die Oudegracht nieder und bestellen ein hauseigenes Dubbel Bitterballen. Letztere sind ebenfalls eine niederländische Spezialität, die man einfach einmal probiert haben muss. Es sind kleine, frittierte Fleischkroketten, deren genaues Rezept selbstverständlich immer ein Familiengeheimnis ist und nicht preisgegeben werden darf.
Den Namen haben die ebenfalls sehr kalorienreichen Snacks daher, dass sie ursprünglich zu Magenbitter gereicht wurden. Aber sie passen auch ganz hervorragend zu Bier.
Mit der Kellnerin plaudern wir ein bisschen und fragen nach ihren Lieblingslokalen, -geschäften, -gegenden. Unserer Erfahrung nach bekommt man so oft ganz authentische Tipps, fernab von Touristenfallen.
Die junge Frau empfiehlt uns einen Ausflug nach Friesland, weil sie von dort herkommt und Roberto, das beste Eisgeschäft in Utrecht, am Ende der Gracht. Wir bedanken uns für die Empfehlungen.
Friesland wird uns eher nicht sehen. Die Gegend liegt für diesen Urlaub zu weit im Norden und der Sommer fängt irgendwann anders an hier. Es wird uns also zu huschi sein dort.
Roberto allerdings, den besuchen wir! Es stellt sich zwar heraus, dass der Eisladen nicht so wirklich am Ende der Gracht liegt, sondern schon eher in der Großgemeinde Utrecht sozusagen, aber dennoch den Weitwanderweg wert ist.
Auf unserem Weg heim in unser Apartment ist es bereits dunkel und die Lichter des Mondes und der Laternen spiegeln sich in den Grachten und zaubern eine romantische Abendstimmung.
Bei einem Spar gleich ums Eck kaufen wir noch ein bisschen Proviant ein, darunter eine Flasche „I Heart Hugo”, von der wir uns zu Hause noch ein Gläschen einschenken und uns damit auf die Veranda setzen.
In den Ohrensesseln mit Blick auf den Domturm prosten wir einander zu und lassen den ereignisreichen Tag Revue passieren.
So, jetzt gute Nacht. Morgen steht das schöne Kasteel de Haar auf unserem Programm.