Blick aus dem Hotel auf Victoria Sapa See |
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Um 05:45 wachen wir jäh auf. Das ist jetzt aber nicht wahr, oder? Über die stillen, nebelverhangenen Berghänge schallt es aus Lautsprechern und es geht irgendeine Propagandamusik für die gemeinschaftliche Leibesertüchtigung los da draußen. Muss das sein? Ja, es muss, wir sind schließlich in Vietnam! Raus aus den Federn und Sport gemacht heißt es für die Einheimischen und die Touristen ignorieren's so gut es bei der Lautstärke eben geht.
Karin hat nicht allzu gut geschlafen, geplagt von heftigen Träumen, mit deren Hilfe die geplagte Psyche immer noch die unruhige Nacht im Zug verarbeitet. Alexander wacht mit Kreuzschmerzen auf - entweder die etwas weichere Matratze (Kunststück nach der Pritsche im Green Train) oder doch die Massage von gestern? Wir dösen noch ein wenig.
Während der Fahrt zum Heavens Gate |
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Als wir dann aufstehen und ins Bad gehen, ist es beim Duschen etwas klamm. Das gehört so, denn es ist doch Gebirge hier und ein luftiger Sommer frischeort. Ach wie gesund und außerdem strafft das!
Karin bringt einen Sack Wäsche zur Rezeption, kommt aber wegen einer Ansammlung extrem vieler Leute nicht dran. Also wieder rauf aufs Zimmer und Laundry Service anrufen. Unsere Wäsche sollte, wenn's stimmt, heute Abend sauber und trocken wieder kommen. Wenn man schon mehr als eine Nacht in einem Hotel ist, muss man das gleich zugunsten frischer und wohlriechender Kleidung nutzen.
So, nun sind wir bereit für das Frühstück, das im Restaurant angerichtet ist. Wir finden uns ein gemütliches Platzerl und bestellen Tee. Beim Buffet folgt jeder von uns schon seinen Ritualen, der Urlaubsalltag hat uns also bereits in seinen zarten Fingern. Als zweiten Gang probieren wir Pain au Chocolate und Pain aux Almondes. Wir sind uns einig, dass zweiteres, der süße Mandelplunder, eindeutig die bessere Wahl ist.
Thu sitzt schon plaudernd mit Reiseleiter kolleg:innen zusammen, als wir vom Zimmer kommen. Heute haben wir einen großen Bus mit netterem Fahrer, der auch einen deutlich angenehmeren Musik geschmack hat - das Radio bleibt still.
Heavens Gate |
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Heavens Gate |
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Gleich darauf geht es eine Rumpel-Pumpel-Straße hinauf zum Himmelstor, einem Pass auf 2900m Höhe. Unser Bus hält an, wir steigen aus und genießen das schöne Panorama und den Blick auf Fan Si Pan, den höchsten Berg Vietnams, dessen spitzer Gipfel über den nebelverhangen Steilhängen zu sehen ist.
Bei der vietnamesischen Raststation, welche kaum mehr als ein mit Plastikplanen bedeckter Unterstand ist, in welchem Tee ausgeschenkt wird, gibt es süße kleine Hunde.
Karin lässt sich trotz Alexanders Blick, der Bände spricht und in dem Dinge wie Läuse, Parasiten, Tollwut etc. abzulesen sind, nicht abhalten und streichelt das kleine schwarze Knäuel ein bisschen. Im Auto werden dann aber auch gleich brav die Hände mit stets mitgeführter Lotion desinfiziert. Auch wenn man tierlieb ist, muss man ja nichts riskieren.
Vietnam Reisterrassen |
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Heavens Gate |
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So, den tollen Ausblick und auch die nahe chinesische Grenze haben wir gesehen und schon geht es rumpel-pumpel den Berg wieder hinunter.
Wir sehen einen idyllischen Bergbach mit Felsbrocken und 2 Europäer, die sich mit Fahrrädern, stählernen Wadeln und eisernem Willen die unwegsame Höhe heraufkämpfen. Brauchen die das? Offensichtlich! Wir sind dankbar, dass wir im Auto sitzen dürfen.
Bihn Lu Markt |
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Glasnudeln |
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In Binh Lu halten wir an und besuchen einen normalen Wochenmarkt, auf dem man sich mit den Waren des täglichen Bedarfs eindecken kann. Aus dem Wagen geklettert laufen wir ein bisschen die Straße entlang und begutachten die verschiedenen Stände.
Wir sehen Mitglieder verschiedener Bergstämme wie Lu, die ganz schwarz gekleidet sind und deren schwarz gefärbte Zähne bei den Frauen als Schönheitsideal gilt, Hmong, Rote Dao und andere mehr. Eine junge Frau zeigt uns ihren kunstvollen Kopfschmuck, der aus geflochtenen Bändern und einem großen, silbenen Haarkamm besteht.
Thu erklärt uns, dass das schöne, große Obst aus China importiert ist. Die lokalen Früchte sind eher kleiner und ein bisschen zäh. Es gibt auch sonst viel „Chinesentand” zu kaufen: Schuhe, Kleidung, Spielzeug, Geschirr - alles aus Plastik und sehr billig. Das gilt sowohl für den Preis als auch und vor allem für die Qualität.
Hühner |
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Tabak |
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Aber auch einiges an lokalem Gemüse und Berggkräutern bekommen wir zu sehen, das zum Kochen und als Medizin Verwendung findet. Karin und Thu schwirren wie die geschäftigen Hausfrauen von Stand zu Stand, riechen, probieren und unterhalten sich mit den Anbieter:innen über Rezepte und Anwendungen.
Ein paar Schritte weiter schauen wir zu, wie Reiscrepes frisch zubereitet werden. Im Anschluss werden sie dann zerrissen und mit Sauce gegessen. Wie Fleckerln auf vietnamesisch! Den einheimischen Gästen scheint es jedenfalls sehr zu schmecken, den sie stopfen die Fleckerln unter lautem Schmatzen beigeistert mit den Stäbchen in sich hinein.
Nach dem Marktbesuch geht es mit dem Auto wieder die steile, holprige Straße hinauf. Die beiden Europäer strampeln immer noch bergauf und mittlerweile sind wir überzeugt, dass die beiden das wirklich brauchen! Auch die süßen Hundebabys spielen immer noch am Heavens Gate.
Wolle |
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Der Dorfbesuch, der jetzt eigentlich auf dem Programm stände fällt leider flach, weil zwei im Geheimen bei dem Bergstamm lebende Ausländer die Leute zur Landflucht verführt und schlecht gegen die Regierung gesprochen haben.
Daraufhin hat man die Touristen des Landes verwiesen und das Dorf für Touristen geschlossen. So erzählt es uns Thu und wir sind verwundert über die falsch verstandene Entwicklungshilfe, die hier wohl geleistet wurde.
Aus dem Silberwasserfall wird leider auch nichts, da die Treppen kaputt sind und erst am 17. November wieder eröffnet werden. Der viele Regen hat sie stellenweise fast zur Gänze weggeschwemmt und kleinere Erdrutsche machen das Passieren unmöglich.
Am Weg zum Golden Stream |
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Am Weg zum Golden Stream |
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Dafür halten wir etwas weiter unten und spazieren etwa 20 Minuten zum goldenen Liebeswasserfall. Der Spaziergang ist nett, auf mit groben Natusteinen gepflasterten Pfaden durch üppige Vegetation. Man will wohl die herrliche Natur den Tourist:innen durch die bequeme Zugänglichkeit ein wenig näher bringen hier?
Außer uns sind nur wenig andere Leute unterwegs. Ein asiatisches Paar kreuzt unseren Weg. Die Dame des Herzens ding-dongt lautstarkt und ohne Unterlass in ihr Handy, während der Kavalier hinter ihr her trottet - sehr romantisch!
Wir hören es murmeln und gurgeln und stehen schließlich vor einem Bächlein. Das Wasser dürfte recht eisenhaltig sein, weil es stark orangerot gefärbt ist. Daher trägt es auch den Namen „golden stream”. Entlang des gurgelnden, goldenen Bächleins gehen wir nun flussaufwärts bis zum Wasserfall.
Golden Stream Love Waterfall |
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Golden Stream Love Waterfall |
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Ganz nett, aber nicht sooo arg spektakulär. Trotzdem haben wir uns natürlich geküsst von wegen ewiger Liebe und so. Ist ja schließlich der Liebeswasserfall hier.
Thu bückt sich, hebt einen Stein auf und nimmt ihn mit. Karin fragt, ob das ein Liebes-Souvenir für ihren Mann ist? Ja, ja lacht sie, denn wenn er Thu nicht liebt, dann bekommt er ihn auf den Kopf. Ganz schön feurig die kleine Vietnamesin!
Zurück am Parkplatz bei den verlassenen Gebäuden, erklimmen wir wieder unseren Bus und schunkeln noch ca. 20 Minuten zurück nach Sapa. Alexander und Thu haben vorher noch die Toiletten aufgesucht, die scheint's nicht ganz so verlassen waren. Karin verkneift sich die Erleichterung auf Alexanders Anraten hin und spürt dafür jeden Stein auf der holprigen Straße in der Blase.
Golden Stream Love Waterfall |
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Schnell hoch ins Hotelzimmer, in dem wir auch unsere Fotorucksäcke deponieren und dann gehen wir alle gemeinsam zum Mittagessen in das Lokal, in dem Thu auch übernachtet, wie sich herausstellt. Diesmal ist hat die Agentur ein Mittagessen für uns vorgesehen und wir haben auch schon ein wenig Hunger.
Das Essen besteht aus Kürbiscremesuppe, Knoblauchbaguette, Spinat mit Knoblauch, Schweinefleisch mit Sesam, Koriander, etc. und Fisch in milder, cremiger Sauce. Dazu natürlich Reis und als Nachspeise gebackene Bananen mit Schokosauce und ein kleines Gläschen Apfelschnaps, der hier selbst gebrannt wird. Alles duftet verführerisch, schmeckt wirklich gut und es gibt außerdem reichlich.
Thu isst ausnahmsweise mit uns, aber ihr eigenes, nicht europäisiertes Essen und nippt sogar am Apfelschnaps, sodass sie richtig rote Bäckchen bekommt.
Sapa |
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Sapa |
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Nach dem Mittagsmahl machen wir einen Spaziergang durch Sapa. Zuerst über den lokalen Markt, wo wir Frauen der roten Dao beim Nähen zusehen.
Erstaunlich, was durchaus schon in die Jahre gekommene Großmütter mit riesigen Brillen auf der Nase für feine Stickereien und andere Näharbeiten anfertigen. Wir erstehen zwei bestickte Nadelkissen als Mitbringsel für daheim.
Dann verlassen wir den Markt und folgen der Straße bergab zu einem weiteren Dorf, wo wir aber nur schauen und nicht besichtigen wollen - sagt Thu. Sie erklärt das auch der jungen Frau, die am Eingang zur Gemeinde in einem Holzverschlag sitzt und Tickets verkauft. Aber nur an diejenigen, die besichtigen.
Ex Franzoesische Villa |
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Was ist der Unterschied bitte? Wir gehen nur spazieren, aber nicht wirklich zum Dorf. So ist es denn dann auch und wir schlendern gemächlich die Straße entlang.
Die Gegend ist schön hier. Wir kommen an einer alten französischer Villa vorbei, die noch den Glanz vergangener Tage erahnen lässt. Heute ist hier eine Ausbildungsstätte für Wirtschaft und Umweltschutz untergebracht.
Wir betrachten das schönbrunnergelbe Gebäude, das durch eine Brücke erreichbar ist und dessen Farbe schön zum satten Grün des Bambus kontrastiert. Dann dreht Thu um und wir hinten drein - etwas unvermittelt.
Sapa |
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junger Hund |
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Beim bergauf Gehen fällt uns ein nett aussehendes Café-Restaurant auf. Wir rufen hinter Thu, die wir eine Berggemse vor uns her läuft, nach, dass wir hier gerne eine kleine Kaffeepause einlegen würden. Gut, gut, sie folgt uns brav.
Der Kaffee ist dann aus der Thermoskanne, leider kein Espresso. Wider Erwarten schmeckt er aber gar nicht schlecht. Wir probieren das Gebräu nun auch mit etwas Kondensmilch, so wie Thu ihren Kaffee immer trinkt. Es schmeckt süß und macht das Getränk etwas molliger - auch ganz gut.
Als wir ausgetrunken haben, verlassen wir das Café und gehen wieder durch den Markt zurück. Da der Spaziergang nun etwas ziellos wirkt fragen wir Thu vorsichtig, ob heute noch etwas zu besichtigen auf dem Programm steht. Da sie das verneint, verabschieden wir uns und schlendern noch ein wenig durch den Markt und Sapa Downhill.
Sapa |
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Manche Geschäfte an der Hauptstraße schauen recht hübsch aus, aber die Waren scheinen für unseren Geschmack teilweise den Preis nicht wert und die feilbietenden Damen wollen oder können nicht günstiger werden, trotz charmantestem Handeln des Herrn P.
So einen Apfelschnaps, wie wir ihn als Digestif zu Mittag getrunken haben, bekommen wir leider auch nicht, da die Verkäuferinnen nicht Englisch können und oft so unwillig sind, dass man nicht einmal die Waren zahlen kann, die man ihnen direkt unter die Nase hält. Wir nehmen also einen kleinen Ha Noi Vodka, wie der Reisschnapf hier heißt und wandern wieder bergauf.
Zurück auf unserem Hotelzimmer, setzen wir uns ein bisschen auf den Balkon und machen es uns gemütlich. Wir lassen den Tag revue passieren, plaudern, trinken unser gekauftes Bier. Was für eine angenehme und friedliche Atmosphäre.
Sapa Hotel Victoria Sapa |
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Sapa Hotel Victoria Sapa |
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Dann geht Karin duschen und Haare waschen, während Alexander sich um unsere Fotos kümmert. Später flickt Karin Alexanders in Mitleidenschaft geratene Hose und hält ein paar Stichworte für den Reisebericht fest, während Alexander das Bad belegt.
Um 19:00 gehen wir entspannt zum Abendessen. Heute wollen wir alles beim Essen teilen und danach vielleicht doch wieder einmal eine Serienfolge im Bett ansehen, bevor wir in Morpheus Arme sinken …
Morgen sollen wir um 08:30 mit Gepäck Thu in der Lobby treffen. Vielleicht hält der morgige Tag dann wieder etwas Aufregenderes für uns bereit?