Huari (Wari) Kaktus Blüte |
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Unser Wecker bimmelt um 07:00, im Innenhof blätschert der Brunnen und das Frühstücksgeschirr klappert auch schon. Schnell aufstehen, duschen, anziehen und ab zum Buffet! Als wir ankommen sind Sigrid und Helga schon da. Die beiden zählen wohl auch zu den Frühaufstehern.
Heute sind wir schon gewohnt, wie das mit dem Futter fassen hier funktioniert und gehen routiniert an die Sache heran. Weniger Hunger als gestern haben wir auch, sodass wir schon bald an unserem gedeckten Tisch sitzen und den Imbiss genießen.
Nachdem sich alle gestärkt haben, treffen wir uns mit der ganzen Gruppe bewaffnet mit Fotoapparten, Mückenschutz und Sonnenhut im Innenhof. Aus unerfindlichen Gründen gibt es heute eine Straßenblockade vor dem Hotel. Keiner weiß so genau, warum eigentlich. Jedenfalls kommt uns unser Fahrer Gerardo mit dem Bus von der Plaza de Armas abholen, wohin wir jetzt die paar Schritte zu Fuß laufen.
Huari (Wari) Blick ins Land |
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Danach bringt uns eine etwa 40 minütige Fahrt auf eine 3.300 m hoch gelegene Anhöhe, wo es ein Museum und die Ruinen einer ehemaligen Wari-Siedlung zu besichtigen gibt. Im Museum, für das sich nicht gleich alle vollauf begeistern können, erwartet uns ein geschichtlicher Überblick sowie eine Ausstellung von Fundstücken.
Im Anschluss machen wir dann einen Spaziergang durch die noch erhaltenen Ruinen und können auch die wunderbare Aussicht auf der Anhöhe genießen.
Wir gehen gemütlich durch eine Art Kakteenplantage. Links und rechts säumen unzählige der Dornen bewehrten Gewächse den Weg, an dessen Rand eine Einheimische die Früchte zum Verkauf anbietet. 5 Stück 1 Sol, 3 Stück 50 Centimos. Angeblich sollen Kaktusfeigen verdauungsförderlich sein und so isst Karin gleich mal 3 von den Dingern. Exotische Früchte probieren findet sie immer spannend und womöglich hilft es ja auch. Die Kaktusfeigen schmecken gut, süß-säuerlich aber mit vielen kleinen Kernen.
Huari (Wari) |
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Wir schlendern weiter durch die teilweise blühenden Kakteenfelder. Evi ist ganz fasziniert von den Schildläusen, die als parasitäre Insekten auf den Feigenkakteen leben. Sie werden Cochinilla genannt und nachdem sie ausgewachsen sind geerntet, getrocknet und zu Pulver zermahlen.
Dieses Pulver verwendet man als Farbstoff. Er ist z.B. als E-120 unter anderem in Fruchtjoghurt enthalten. Als Chemieprofessorin findet sie das Beobachten des noch lebenden Farbstoffes natürlich besonders interessant.
Das Panorama, das sich uns hier heroben bietet, ist großartig. Klare Luft, blauer Himmel, Bergketten und Ruinen im Vordergrund. Besonders schön ist die so genannte Capilla Pata - eine Ausnehmung in einer der aufgeschichteten Steinmauern, die in ihrer Form einem gotischen Kirchenfenster ähnelt. Durch das Fenster hindurch bieten sich reizvolle Ausblicke auf die Natur in unmittelbarer Nähe und die Landschaft in weiterer Ferne.
Huari (Wari) Haupttempel |
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Am Rückweg kommen wir am großen Rund des ehemaligen Haupttempels der Wari vorbei. Die Ausgrabungen zu beiden Seiten sind überdacht, um sie vor der starken Sonne und anderen Witterungseinflüssen zu schützen. Auch ein paar Gräber bekommen wir zu sehen, die dicht an dicht gleich neben dem Tempel angelegt wurden.
Nach diesem interessanten Spaziergang - nur die Gelsen waren wirklich sehr lästig und haben an unseren Knöcheln und unbedeckten Waden juckende Stiche hinterlassen - geht es nun mit dem Bus weiter zum Nationaldenkmal auf der Pampa de Quinua.
Es handelt sich um den Schauplatz der historischen Entscheidungsschlacht vom 9. Dezember 1824, an dem Peru und auch viele andere südamerikanische Staaten ihre Unabhängigkeit erlangten.
Die letzten spanischen Truppen in den südamerikanischen Kolonien wurden dabei von den Streitkräften Perus und Kolumbiens unter Führung Antonio José de Sucres geschlagen, woraufhin der Vizekönig José de la Serna die Kapitulation unterzeichnete.
Heute erinnert ein Denkmal in Form eines Obelisken an das historische Ereignis. Die Schönheit des Monuments ist Geschmacksache und Sigrid nennt es despektierlich Schaschlik-Spießer, was uns alle zum Grinsen bringt. Ein paar Erinnerungsfotos werden selbstverständlich von diesem besonderen Ort gemacht. Egal, ob der Obelisk nun begeistert oder nicht, eine Buena Vista gibt es jedenfalls überall hier.
Wir können uns durchaus losreissen, um zu unserem nächsten Ausflugsziel zu fahren, dem Keramikstädtchen Quinua, das hier quasi gleich ums Eck liegt und der Pampa ihren Namen gab. Das Städtchen, bei dem es sich eigentlich um ein größeres, dafür aber sehr schmuckes Dorf handelt, ist weithin für seine Töpfereien bekannt.
Auch wir sollen 2 solche besichtigen. Obwohl Maxi heute etwas erträglicher ist, reicht es uns nach einem Töpferladen - wir haben ja in Nasca auch schon eine Töpferei besucht und alles erklärt bekommen.
Glücklicherweise sind in Quinua dann ohnehin nur 2 Geschäfte offen, wo man kaufen kann, die jedoch kein Schautöpfern veranstalten. Wir sind erleichtert! Als Souvenir erstehen wir ein kleines Döschen in orange-rot, das man mit allerhand Kleinigkeiten wie Nüssen oder Zuckerln füllen kann. Das wird eine sehr nette Erinnerung an unseren Peru-Urlaub sein.
Quinua |
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Ein anschließender kurzer Spaziergang zeigt, dass Quinua ein schmucker Ort ist, der es offensichtlich sogar zu bescheidenem Wohlstand gebracht hat. Die Straßen sind sauber und ohne Schlaglöcher. Auf allen Dachfirsten finden sich Kirchen, Männchen, Stiere (davon eher weniger in dieser Gegend), Kannen und Blumentöpfe.
Neben ihrer Funktion als Ausstellungstücke haben die Keramiken auch eine symbolische Bedeutung, nämlich dass diese Dinge nie aus dem Haus fortgehen sollen: Glaube, etwas zu Trinken, die Partnerschaft zwischen Mann und Frau etc. Ein hübscher und sehr dekorativer Brauch.
Im Anschluss an unseren Besuch im Töpferdorf Quinua geht es wieder zurück Richtung Ayacucho, wo wir unser Mittagessen bei Nino einnehmen. Wie der Name schon vermuten lässt, sind es Verwandte des Restaurantbesitzers von gestern Abend, seine Eltern nämlich.
Aus der reichhaltigen Speisekarte wählt Alexander Lomito al Vino, in Wein gekochtes Rindfleisch, was eine Spezialität der Gegend und des Hauses sein soll. Karin entscheidet sich für einen Ensalada de Palta - die Avocados sind auch wirklich zu verführerisch hier, so groß und reif, wie sie zu Hause niemals zu bekommen sind - und teilt sich dann mit Ute Qapchi.
Diese Speise, die sich wie ein Niesen ausspricht, besteht primär aus Erdäpfeln und Frischkäse und ist eigentlich als Vorspeise gedacht. Die Mädels finden sie jedenfalls lecker und putzen alles weg.
Nicht so Helga, deren Süppchen sich als ganzer Suppentopf entpuppt, den kaum jemand alleine bewältigen kann. Die Nachspeise in Form eines frischen Obstsalates fällt somit an die Gruppe und wird bereitwillig unter den Hungrigen oder denen, die zumindest noch ein bisserl etwas essen können, geteilt.
Satt und zufrieden begleichen wir die günstige Rechnung und brechen zur letzten Station unseres heutigen Tagesprogrammes auf, zum Mirador oberhalb von Ayacucho. Das schöne Panorama, welches die Stadt und die umliegenden Berge zeigt, ist von Arkaden aus Beton umrahmt. Wir lassen uns auf steinernen Bänken nieder, während Maxi die Geschichte von Bauernaufstand, Revolution und Terrorismus erzählt.
Sendero Luminoso, der Leuchtende Pfad, war eine maoistische Gruppierung, die in den 1960er Jahren erstmals an der Universität von Ayacucho auftauchte. In den 1980er Jahren, nach dem Ende der Militärdiktatur, rief Sendero Luminoso zum Wahlboykott auf und erklärte den bewaffneten Kampf. Obwohl die Mitglieder selbst bäuerlichen Ursprungs waren, rekrutierten sie Bauern unter Androhung von Gewalt und schreckten auch nicht davor zurück, sich der Unterstützung mit Waffengewalt zu versichern.
Das Militär war nicht viel besser, denn es ahndete die Unterstützung des Sendero Luminoso ebenfalls mit Gewalt und Folter. In abgelegenen Regionen des Berglandes kam es zu regelrechten Massakern an der mehrheitlich indigenen Landbevölkerung. Das Resultat dieser ausweglosen Situation war Massenflucht.
Erst Anfang der 1990er Jahre gelang es durch Geheimdienste, bewaffnete Bürgerwehr aber auch durch wirtschaftspolitische Entwicklungsmaßnahmen, die führenden Köpfe des Leuchtenden Pfades zu entwaffnen und festzunehmen.
Ayacucho |
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Nach Fujimoris Rücktritt untersuchte eine Kommission die vorliegenden Menschenrechtsverletzungen. In einem 2003 präsentierten Abschlussbericht, der einen Großteil der Schuld dem Sendero Luminoso zuweist, wird von fast 70.000 Toten geschrieben. Ein unvorstellbares Ausmaß an Leid, verursacht von den eigenen Landsleuten.
Obwohl die Geschichte bewegend ist und die Tragödie betroffen macht, ist es nur Sigrids erklärender Übersetzung zu verdanken (Maxi spricht ja nur Spanisch und findet etwas Anderes auch gar nicht nötig), dass wir mit unseren vollen Bäuchen bei den langatmigen Ausführungen nicht einschlafen.
Karins Aufmerksamkeit wird durch „westperuanische Alpacadackel” (oder wie immer die Promenadenmischungen hier heißen) gefesselt. Sie beobachtet die drolligen Tiere beim Spielen und Betteln. Süß sind sie ja, aber schrecklich verlaust!
Maxi hat mit seinen Ausführungen zu einem Ende gefunden und der Bus fährt uns wieder hinunter zu unserem Hotel. Für heute ist es genug und für Maxi heißt es überhaupt Abschied von uns nehmen. Da unsere Gruppe Anstand besitzt, verabschieden wir uns mit einem angemessenen Geldgeschenk von uns allen und Alexander hält sogar eine kleine Rede, die von Sigrid übersetzt und vom Bedankten huldvoll entgegengenommen wird. Es geht einfach nichts über ein gesundes Selbstbewusstsein!
Ayacucho |
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Nun gibt es ein Stündchen Pause, in welchem wir uns um die Fotos, Stichworte für den Reisebericht und uns selbst kümmern können. Danach, um 17:00 Uhr, sind wir in die „Präsidentensuite” zu Hartmut und Annelore eingeladen, wo wir Annelores Geburtstag feiern wollen. Kurz vorher treffen wir uns noch zur heimlichen Probe des unter zu Hilfe Nahme von Ron gedichteten Ständchens und zur Anfertigung mehrerer handschriftlicher Kopien des Textes.
Kaum, dass die Reime einigermaßen sitzen, ist auch schon des Festes Start. Mit Geschenken, Glückwünschen und Bussis finden wir uns beim Geburtstagskind ein. Dann heben wir zur Darbietung unseres gemeinsamen Meisterwerkes an:
Annelores Geburtstagsständchen
Peru ist eine Reise wert, denn dieses Land ist sehr begehrt (Refrain: Fiderallala, Fiderallala, Fiderallalalala)
Den Berg hinauf und auch hinunter, Annelore ist stets munter
Ob Diarrhoe, ob Cholera, die Schamanin ist für alle da
Oh Weh, oh Weh, oh Schreck, oh Schreck, die Annelore war mal weg
Und denkt mal wo wir sie gefunden, im Shoppingcenter ganz weit unten
Wir wünschen viele schöne Reisen, Seibts sind noch lang nicht altes Eisen
Und weiterhin noch sehr viel Spaß auch ohne uns in Caracas
Jetzt hör'n wir endlich auf - juchu! und prosten Annelore zu.
Ayacucho |
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Trotz eher mangelnder Sangeskunst ist Annelore von ihrem persönlichen Geburtstagsliedchen hingerissen. Ein Glück für uns! Mit Pisco, Knabbereien, Konfekt und Nüsschen hat sie die Party ausgerichtet und wir verbringen eine vergnügliche Zeit mit Naschen, Scherzen, Trinken und Schwänken aus diversen Leben.
Gegen 19:00 Uhr verläuft sich die Gesellschaft und nur der „harte Kern” bestehend aus Ute, Annette, den Mietschkes und uns, bricht noch zu Ninos „auf eine Kleinigkeit” auf. Schon am Weg dorthin müssen wir über unseren Vorsatz lachen, da wir ja bereits wissen, dass Nino nur „Großigkeiten” anbietet.
So wird es denn dann auch noch eine gesunde Abendmahlzeit mit ordentlich Malbec dazu. Es schmeckt und wir haben es lustig, bis wir schließlich wieder in unser Hotel zurück kehren. Morgen heißt es zeitig aufstehen, denn wir haben wieder einmal eine eeeelendslange Busfahrt vor uns. Diesmal nach Lima.
Gute Nacht also und bis morgen!