Als in der Früh unser Wecker los singt, beendet er vor allem für Alexander eine sehr bewegte Nacht. Der Arme hat wenig geschlafen und die meiste Zeit auf der Toilette verbracht. Frühstück ist jetzt so ziemlich das Letzte, das ihn reizt, lieber noch ein wenig im Bett dösen.
Karin macht sich also alleine fertig und fährt wie gestern vereinbart um 05:30 Uhr mit dem Lift in den sechsten Stock, um zu frühstücken. Oben angekommen sind sowohl Küche als auch Speisesaal dunkel, fest verschlossen und vor allem menschenleer. Ok, vielleicht findet wegen der unchristlichen Stunde Früh-Frühstück im kleinen Cafe unten statt, wo wir gestern bei Esteban Pisco Sour getrunken haben? Denkt's und fährt mit dem Aufzug ins Erdgeschoss.
Unten aus dem Lift tretend findet Karin auch hier alles stockfinster vor. Plötzlich Stimmen aus der Dunkelheit, die „Hola, hola” rufen. Wo, wer, was? In schwere Alpacadecken gehüllt und mit Strickmützen tief ins Gesicht gezogen schlafen die Hausangestellten aneinander gekuschelt am Boden im Gepäckswinkel. Na bumm!
Zurück ins Zimmer also und ein wenig nach dem kränkelnden Alexander sehen. Obwohl - eher hören als sehen, denn Licht wird keines aufgedreht, damit er noch ein wenig schlafen kann. Das Bett verlässt der Krankensessel auch nicht, als Karin kurz nach 06:00 Uhr einen weiteren Anlauf in den sechsten Stock unternimmt.
Sillustani |
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Sillustani |
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Diesmal hat sich's aber ausgezahlt! Nicht nur, dass es jetzt tatsächlich etwas zu essen gibt, wird auch ein großartiger Sonnenaufgang über dem Titicaca-See geboten.
Lila, Orange und flammendes Rot erhellen langsam Puno, den See und die Umgebung. Einfach malerisch.
Sillustani |
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Sillustani |
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Sillustani |
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Wir verlassen Puno und begeben uns auf eine nicht allzu lange Busfahrt nach Sillustani, um die berühmten Chullpas zu besichtigen. Der arme Alexander liegt während der Fahrt ganz käsig auf der letzten Bank im Bus und schläft. Hoffentlich hilft es ihm sich zu regenerieren.
In Sillustani hält unser Bus auf dem Parkplatz vor einem Restaurant. Von hier aus ist es noch eine kurze Wanderung bis zu den Grabtürmen. Karin bekommt den Auftrag viele schöne Fotos zu machen, denn Alexander mag nicht mitkommen. Ihm ist im Moment die Nähe zur Toilette und das Liegen wichtiger als jede Sehenswürdigkeit.
Ganz alleine ist er jedoch trotzdem nicht, denn auch Richard ist etwas grün im Gesicht und klagt über Bauchschmerzen. Schnell werden die beiden noch mit Medikamenten versorgt und dann geht der gesunde Rest der Gruppe los.
Sillustani liegt oberhalb des Umayo-Sees und war einst eines der bedeutendsten Zentren der Colla-Kultur. 1200 n.Chr. errichteten die Colla hier die ersten Chullpas, was auf Aymara Begräbnistürme heißt. Für diese Kultur war Sillustani heilig. Die Colla begruben hier ihre wichtigsten Persönlichkeiten.
Sillustani |
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Garrapatone, Lagunillas-See |
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Später eroberten die Inka die Region um Sillustani und übernahmen den hier vorherrschenden Begräbniskult. Sie verehrten den Colla-Schutzgeist Mallku und perfektionierten den Bau der Chullpas mit ihrer Steinmetzkunst. Die Bauart gleicht jener des Sonnentempels in Cusco und der, wie sie auch in Machu Picchu zu finden ist.
Die meisten Chullpas sind rund, fein aus Basalt oder Trachyt gearbeitet und mit Lehm verschmiert. Sie weisen einen niedrigen, nach Osten gerichteten Eingang auf und haben meist einen Raum mit Nischen in den Wänden, in welche die Mumien gesetzt wurden. Leider fielen die meisten Begräbnistürme schon vor langer Zeit Grabräubern zum Opfer.
Sillustani, Umayo-See |
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Sillustani, Umayo-See |
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Im Vormittagslicht wirkt die Landschaft unwirklich und zauberhaft. Die Türme heben sich kontrastreich vom strahlenden Himmel ab, auf dem noch blass die Mondsichel zu erkennen ist. Der Umayo-See liegt still und völlig menschenleer zu unseren Füßen und glitzert in der Sonne. Ein Traum, der immer und immer wieder von uns allen auf Fotos festgehalten werden will.
Doch irgendwann können wir uns von der großartigen Kulisse doch losreißen und spazieren zurück zum Bus und unseren zurückgelassenen Magenkranken. Beide sehen zwar nur unwesentlich aber immerhin ein wenig besser aus. Kurz noch die Sanitäranlagen frequentiert und der restliche Tag vergeht mit einer elendslangen Busfahrt nach Chivay bzw. Yanque im Colca Canyon, wo wir übernachten werden.
Zwischenzeitlich wechselt unser Guide. Wir verabschieden uns von Manuel und begrüßen Hermann, der uns schon mehrfach angekündigt und wärmstens empfohlen wurde. Doch nach dieser erschöpfenden Fahrt kann uns auch die wärmste Empfehlung keine Begeisterungsstürme mehr entlocken und wir nehmen das neue Gesicht zwar freundlich aber doch recht lethargisch zur Kenntnis.
Chucura |
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In Chivay stellt sich heraus, dass wir ein Hotel in Yanque haben, was aber nur wenige Minuten entfernt ist. Zuerst sind wir von der aufgelockerten Anlage mit den Bungalows recht angetan, doch das ändert sich, als wir das Warmwasser im Bad aufdrehen wollen. Da plätschert uns nur eiskalter Gebirgsquell entgegen!
Alexander fühlt sich schon etwas fitter und so gehen wir gemeinsam jemanden holen, der den Mangel bitte beheben soll. Es kommen tatsächlich eine Rezeptionistin und ein Haustechniker mit und erklären uns mit vereinten Vokabeln, dass man hier durchaus 20 Minuten das Wasser rinnen lassen muss, bis es warm wird. Wie bitte?
Tatsächlich, nach einer halben Stunde hat der Gebirgsquell eine Temperatur erreicht, die man auch an seinen Körper lassen kann. Na dann…
Wer mag kann mit Hermann ein Thermalbad besuchen, was aber die wenigsten gelüstet. Wir beide bleiben jedenfalls hier und gehen im Hotel Abendessen. Alexander bekommt eine Sopa Campesina und Karin Spaghetti Alfredo. Beides sind wieder einmal riesenhafte Portionen und machen mehr als nur uns beide satt.
Bald zieht es uns zurück in unseren vorgeheizten Bungalow, wo wir schon bald unter die Decken schlüpfen und uns von den Strapazen des vielen Busfahrens erholen. Morgen wollen wir fit sein, denn da steht der Flug der Condore auf dem Programm. Gute und für Alexander diesmal hoffentlich ruhige Nacht!