Jodhpur - die blaue Stadt

unser Zimmer im Taj Hari Mahal
Iconunser Zimmer im Taj Hari Mahal

 

Noch 40 km bis Jodhpur! Auch heute fuhren wir etwa 4 Stunden durchs große Indien. Aber jetzt dauert es nicht mehr lange. Waren die Strassen bisher recht gut, teilweise sogar neu asphaltiert, werden sie nun, je mehr wir uns Jodhpur nähern, auf einmal immer enger und schlechter. Irgendwie haben wir uns das anders erwartet.

Jetzt ist gleich Schluss! Die Strasse ist nur mehr einbahnig und von Asphalt weit und breit nichts mehr zu sehen. Alle 8-10 m wechseln wir auf die gegenüberliegende Spur, denn dort, wo unser Fahrbahn sein sollte, befindet sich ein sehr tiefes Loch.

Auswaschungen? Grabungsarbeiten? Wir haben keine Ahnung und können unsere Frage unserem Fahrer leider auch nicht für ihn verständlich stellen.

Unser heutiges Hotel, das Taj Hari Mahal, ist erreicht. Wir beziehen unser großes Zimmer mit Poolblick - alles ist hier elegant und stilvoll eingerichtet - und die Zeit bis 14:00 vergeht wie im Flug. Pünktlich treffen wir Singh, unseren Reiseleiter für Jodhpur, in der Eingangshalle. Freundlich lächelnd und im perfektem Deutsch begrüßt er uns. Na dann auf!

Nach obenFort Meherangarh

Blick auf die Altstadt
IconBlick auf die Altstadt

 

Fort Meherangarh
IconFort Meherangarh

 

Die Stadt Jodhpur wurde 1459 von Maharaja Rao Jodhar geründet und ist Rajasthans zweitgrößte Ansiedlung. Rao Jodhar sah in dem großen, 125 m hohem Felsplateau einen idealen Platz für seine Festung. Auch heute noch thront das Fort imposant über der Stadt.

Nachdem wir das erste der sieben Festungstore durchschritten haben, werden wir überrascht. Hier führt ein Aufzug bis ganz nach oben und erspart uns einiges an Schweiß. Wir starten daher oben und gehen bequem zu Fuß hinunter.

Oben angekommen zeigt uns Singh das ausgeklügelte zweistufige Wassersystem, welches teilweise noch funktionstüchtig ist. Nachdem der Felsen zu hoch für eine direkte Wasserleitung ist, wurde Wasser zuerst mittels eines Holzrades und Tonkrügen in einen Wassertank transportiert, danach über eine Wasserleitung zum Felsen geleitet und von da wieder mittels Rad und Krügen bis ganz hinauf gehoben.

Fort Meherangarh
IconFort Meherangarh

 

Blickpalast

 

Von hier haben wir eine super Blick auf den neuen und den alten Teil der Stadt Jodhpur. Während im neuen Teil der Stadt die Farbe Blau nur vereinzelt aufblitzt, dominiert Blau im alten Teil der Stadt ganz massiv. So kam Jodhpur auch zu seinem Beinamen „blaue Stadt”.

Apropos blau - woher die Vorliebe der Bewohner zur blauen Farbe kommt, ist nicht gesichert bekannt. Dafür gibt es gleich mehrere mögliche Erklärungen. Blau ist im Hinduismus die Farbe des Göttlichen, früher wurden alle Häuser der Brahmanen blau getüncht und waren so für Krieger tabu, blaue Farbe lässt die Hitze leichter ertragen und Blau soll angeblich Mücken abwehren. Naja so genau weiß man es nicht, aber hübsch sieht es allemal aus.

Fort Meherangarh
IconFort Meherangarh

 

Fort Meherangarh

 

Was gibt es von hier oben noch zu sehen: In der Ferne liegt der neue Palast des amtierenden Maharajas (Umaid Bhawan-Palast). Teile des Palastes musste dieser aber in ein Museum und ein Luxushotel umwandeln. Etwas näher befindet das Krematorium der Herrscherfamile, welches wir dann als nächstes besuchen werden.

Danach betreten wir den sogenannten Blickpalast. In diesem Teil lebten früher die Frauen. Daher waren so wie in den anderen Palästen die Wände kunstvoll mit Steinmetzarbeiten geschmückt und die Fenster feinmaschig verschlossen damit die dahinter sitzenden Damen vom Boden aus nicht gesehen wurden, selbst aber das Geschehen mitverfolgen konnten.

Nun folgt das umfangreiche Museum. Als erstes sehen wir unterschiedliche Elefantensitze, teils mit Pfauen verziert, für Maharanis mit Baldachin oder zum Jagen in ganz schlichtem Stil.

Danach folgen Waffen aller Art: Schwerter, Säbel, Gewehre, sogar ein Schwert mit integrierter Pistole (wenn ich Dich nicht mit einer Kugel treffen, dann vielleicht mit dem Schwert), Nahkampfwaffen (Spitzen und Scheren) uva. Alle sehr schön verziert - entweder ziseliert oder mit Einlegearbeiten.

Fort Meherangarh

 

unvollendeter Tanzsaal
Iconunvollendeter Tanzsaal

 

Jetzt folgen die Sänften, wieder in verschiedenen Ausführungen. Die größte Sänfte (sie war für den Maharaja - wen sonst) war so schwer, dass sie von 12 Personen getragen werden musste. In einer der Vitrinen stehen 2 etwa 1,2 m lange, zylinderfömige Hanteln. Diese, so erklärt uns Singh, gehörten einer Maharani. Damit trainierte sie, um schöner als ihre Konkurrentinnen zu sein . Königliches Bodybuilding!

Weiter geht es bis zu einer Tafel mit Portraits der bisherigen Maharajas. Für unser Empfinden gewinnen sie alle miteinander keinen Schönheitspreis, aber dies liegt sicher an den Malern und nicht an den Maharadjas.

Fort Meherangarh
IconFort Meherangarh

 

Fort Meherangarh

 

Als nächstes zeigt man uns eine Sammlung von Wiegen für die kleinen Maharajas. Die letzte - sie gehört dem heutigen Maharaja - ist sogar elektrisch betrieben. Dann folgen die Gemäldesammlung, die Ausstellung alter Musikinstrumente, Möbel und Kleidung.

Nach einigen engen Gängen landen wir im Tanzzimmer. Dieses ist relativ klein und daher tanzte hier immer nur eine Frau. Links und rechts des Zimmers sind dafür große Spiegel angebracht, so entsteht der Eindruck, dass eine ganze Tanzgruppe sich zu des Maharajas Erbauung bewegt.

Der Künstler verbrachte 11 Jahre bei der Bemalung des Zimmers, dann verstarb er leider. Der Maharaja wollte keinen anderen Künstler die Arbeiten vollenden lassen und so ist der Raum auch heute noch unvollendet.

Der nächste Hof hatte eine besondere Funktion. Hier breiteten die Kaufläute ihre Waren aus während im oberen Stockwerk die Maharanis saßen und die Güter für sich auswählten. Der Steuereintreiber notierte sowohl die so entrichteten Steuern als auch die Ausgaben der Maharanis. Um allen Damen ähnlich viel zur Verfügung zu stellen, wurden jeder die Abgaben von 2 bis 3 Dörfern zugestanden.

Fort Meherangarh
IconFort Meherangarh

 

Fort Meherangarh
IconFort Meherangarh

 

Fort Meherangarh
IconFort Meherangarh

 

Unser Weg führt uns nun in den privaten Versammlungsraum. Hier saßen (natürlich am Boden) der Maharaja, zur Linken seine Söhne, zur rRchten der Thronfolger und in der oberen Galerie die Maharanis. Alle - auch die Frauen - durften ihre Meinung äußern und wurden angehört - war ja schon fast demokratisch.

Gleich davor befindet sich ein Hof ganz in weiß. In diesem wurde das jährliche Holi Fest zelebriert. Der Maharaja und seine Frauen bewarfen sich mit Wasser und Farbe und die Dienerschaft konnte danach den Hof wieder neu ausweißen - Arbeitsteilung auf indisch. Je mehr Farbe verpulvert wurde desto größer war übrigens die Liebe im Haushalt. Keine Frage, dass es bei der Herrscherfamilie immer sehr bunt zuging.

Wieder einige Schritte weiter treffen wir auf den Perlensaal. Etwas wundert uns der Name, denn es ist weit und breit keine einzige Perle zu sehen. Stimmt trotzdem, denn in die vielen Nischen wurden Öllampen gestellt und da der Raum über und über mit kleinen Spiegeln bedeckt ist, reflektiert sich das Licht der Öllampen tausendfach in den Spiegeln und erzeugt so den Eindruck von Millionen von Perlen.

Fort Meherangarh
IconFort Meherangarh

 

Fort Meherangarh
IconFort Meherangarh

 

Wir sind im letzten Hof angelangt und befinden uns nun im ältesten Teil des Fort bei den Frauengemächern. Diese werden zur Zeit renoviert und sind nicht zugänglich. Das ganze Fort macht einen sehr fortschrittlichen Eindruck. Neben dem bereits eingangs erwähnten Aufzug werden beispielsweise auch Audioguides in 4 verschiedenen Sprachen angeboten.

Wir gehen nun hinunter zu unserem wartenden Mr. Jogindar. Beim Durchschreiten des Loha-Pol (Tor) macht uns Singh auf die Sati-Hände aufmerksam. Die Hintergrundgeschichte macht uns betroffen und läßt eine unangenehme Gänsehaut über unsere Rücken rinnen

Früher war es ja üblich, dass Witwen ihren verstorbenen Ehemännern auf den Scheiterhaufen folgten. Teils aus Liebe, teils aus Tradition, teils wohl auch aus Verzweiflung, da das Leben einer Witwe wirklich nichts Schönes mehr für sie bereit hielt. Damit man sie nicht vergißt, hinterließen die Satis einen mit Zinnoberrot gefärbten Handabdruck auf ihrem Weg zum Scheiterhaufen an jenem Portal.

1829 wurde die Witwenverbrennung durch die britischen Kolonialherren per Dekret verboten. Hier in Jodhpur soll sich allerdings noch im Jahre 1953 die letzte Sati aus dem Königshaus selbst verbrannt haben. Heute wird auch die traditionelle Verherrlichung dieser Witwen - sie kommen einer Göttin gleich - strafrechtlich geahndet.

Nach obenJaswant Thada, das Krematorium der Herrscherfamilie

Jaswant Thada

 

Jaswant Thada
IconJaswant Thada

 

Jaswant Thada
IconJaswant Thada

 

Laut hinduistischer Lehre besteht unser Körper aus den 5 Elementen: Feuer, Erde, Wasser, Luft und Himmel. Nach dem Tod eines Menschen müssen genau diese 5 Elementen wieder ihre Anteile zurück erhalten.

Dies wird bei der Verbrennung (Feuer) auch erreicht. Teile der Asche bleiben auf der Erde liegen, Rauch steigt in den Himmel, ein Teil der Asche wird in der Luft zerstreut und einen weiteren Teil der Asche trägt ein naher Angehöriger zum heiligen Fluss Ganges.

Das in der Mitte der Anlage - an Stelle der Verbrennungsstätte - befindliche Gebäude, wurde 1899 von seiner Frau zum Gedenken an den Maharaja Jaswant Singh II. erbaut. So wie bei seinem großen Vorbild - dem Taj Mahal - kam der weiße Marmor aus Makrana und ist stellenweise ebenso durchsichtig.

laut, falsch und mit Begeisterung

 

die Wunschtücher
Icondie Wunschtücher

 

Hier ist ein ruhiger und friedlicher Ort. Unser Guide erzählt uns im Schatten die Geschichte dieses Ortes und lässt uns Zeit, in Ruhe das Innere des Gebäudes zu besichtigen. An den Wänden hängen viele Portraits früherer Maharajas. Sie sehen sich irgendwie alle stark ähnlich - was aber nicht so unbedingt ein Vorteil ist.

Weit vorne ist quer über den ganzen Raum eine Schnur gespannt, an der bute Tücher verknotet sind. Diese stammen von Besucher:innen, welche ihrer Hoffnung Ausdruck verleihen, dass durch die Kraft der verstorbenen Herrscher ihre Wünsche in Erfüllung gehen werden.

Wir gehen wieder zurück zum Auto und treffen wieder das kleine Mädchen, welches unter einem Strauch sitzt, an einem einheimischen Musikinstrument sägt und gleichzeitig dreistimmig singt: laut, falsch und mit Begeisterung. So viel Anstrengung hat ein kleines Dankeschön verdient und Alexander schenkt dem Mädchen gerne einen 10 Rupien Schein.

Nach obenAltstadt

Clock-Tower aus der Kolonialzeit

 

Sadar Market
IconSadar Market

 

Ui, da ist aber viel los. Wir sind soeben aus dem uns schützenden Auto ausgestiegen und gehen in Richtung des lebhaften Sadar Markets. Schon stürmen bettelnde Frauen mit schmerzverzerrtem Gesicht, kleine, ganz traurig aus der Wäsche blickende Kinder und Männer mit Tüchern oder anderen Waren auf uns ein. Einfach ignorieren und weiter gehen ist die Devise, wenn es auch viel leichter gesagt als getan ist.

Im Zentrum der Altstadt liegt der Clock-Tower, erbaut von den Engländern während Kolonialzeit. Ihn umgibt besagter Sadar Market. Hier kann man wirklich alles kaufen, verkaufen oder auch nur reparieren lassen, was man sich nur vorstellen kann.

Schlösser, Taschenlampen, Lederwaren, Stoffe, neue und stark gebrauchte Kleidung, Unterwäsche, Schuhe, Silber, Kunsthandwerk, Lebensmittel aller Art, Gewürze, bunte Nudeln, Süßigkeiten, Bambus uvm. - alles wird hier lautstark angepriesen. Dazwischen schlängeln sich hupend Tuktuks und Motorräder hindurch. Ein paar heilige (Kühe) und weniger heilige (Ziegen) Tiere mischen sich auch noch in das Tohuwabohu. Wie gesagt, hier ist viel los.

Sadar Market
IconSadar Market

 

Sadar Market

 

Wir schlendern zwischen Ständen hindurch (Alexander bindet seine Fototasche immer fester an sich) und genießen trotz allem Geschiebe diese ursprüngliche Situation. Karin wundert es, dass es hier vortrefflich gut nach Gewürzen duftet. Bei dem vielen herumliegenden Schmutz hätten wir eigentlich andere, weniger wohlriechende Gerüche erwartet.

Besonders erwähnenswert finden wir den Barbier der seinen Kunden - beide am Boden sitzend - rasiert. Auch der Zahnarzt verarztet seine Patienten am Boden hockend. Als wir vorbei gegangen sind, war kein Patient anwesend, aber Singh versichert uns, dass dieser Mann vom Zahnziehen bis zur Wurzelbehandlung alles hier am Boden und vor allen Leuten macht. Zahnärzte mit moderner Praxis und Behandlungsmethode sind für einen Teil der Bevölkerung leider unleistbar.

Sadar Market

 

Sadar Market

 

Wir schlängeln uns durch schmälere und schmalste Gassen hindurch, kommen an einigen kleinen Schreinen vorbei (ähnlich unseren Marterln) und landen schließlich in einem Krishna-Tempel. Nach einigen historischen Erklärungen erzählt uns Singh folgende herzige Geschichte.

Jeder hinduistische Gott hat sein persönliches Reittier. So reitet z.B. Ganesha auf einer Maus (Ratte), Vishnu auf Garuda (Sonnenvogel), Shiva auf dem Bullen Nandi, Brahma auf dem Schwan usw. usf. Soweit die notwendige Einleitung. Als die EDV nach Indien kam, konnten die Inder sie nicht kontrollieren. Alle Erklärungen schlugen fehl, sie konnten damit einfach nichts anfangen. Dann kam sogar Bill Clinton ins Land und versuchte seinerseits den Indern die EDV zu erklären. Wieder Fehlanzeige. In ihrer Verzweiflung beteten sie zu Ganesha, dem Gott für Problembeseitigungen. Ganesha antwortete lächelnd: Das ist doch ganz einfach, gar kein Problem. Sogar meine Maus kann die EDV kontrollieren, nehmt sie nur mit.

Nette Geschichte! Nach dem einstündigen Rundgang fahren wir nun zurück zum Hotel Taj Hari Mahal. Alexander kann der Versuchung einer Stunde Internet surfen (Mails checken usw.) am eigenen Laptop via Wireless nicht widerstehen. Danach genießen wir ein köstliches Abendessen im fast leeren Hotelrestaurant mit super Service. Na dann gute Nacht, bis morgen.

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