Hotel Ambos Mundos |
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Kurz vor der geplanten Weckzeit wird Karin von alleine munter. Ein Glück, denn der Akku des Blackberry ist leer und das Gerät blinkt nur mehr leise vor sich hin. Wecken wäre nicht mehr drinnen gewesen. Wir duschen, ziehen uns rasch an und schon geht's ab zum Frühstück. „Baja” (abwärts) meint der Lift, als wir auf den Pfeil nach unten drücken.
Das Frühstück im kühlen Speisesaal ist recht gut. Eggs any style werden frisch zubereitet. Alexander nimmt sich ein Omelett, Karin bestellt Spiegelei. Dazu gibt es Käse, Chorizo, iberischen Schinken und weißes Brot, das eher naja schmeckt. Karins ursprüngliche Freude über das bereits angerichtete Müsli nimmt schnell wieder ab, als sich dieses als aufgequollene Cornflakes oder ähnliches entpuppt. Es gibt ja genügend anderes, das gut schmeckt.
Da das servierte Teewasser nicht einmal lauwarm ist, nimmt es auch keinen Tee aus dem Säckchen an, sodass wir Mangosaft und Sekt zum Frühstück trinken. S'gibt sicherlich Schlechteres um den Tag zu beginnen.
Nach dem Frühstück nochmal rauf auf's Zimmer, schnell unsere Fotorucksäcke schnappen und wieder in die Lobby, wo Evelio schon auf uns wartet. Hola, das ist aber gar nicht der kubanisch lockere Umgang mit der Uhrzeit, den wir eigentlich erwartet haben?
Parque Central |
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Parque Central, Oper (Gran Teatro de la Habana) |
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Unsere Tour durch Havanna beginnt direkt vor der Haustür, am Parque Central. Der Park liegt am westlichen Ende von Habana Vieja, der Altstadt Havannas und ist ein beliebter Treffpunkt für Einheimische.
Hier sitzen sie auf kühlen Marmorbänken im Schatten üppiger Vegetation oder stehen in einer Ecke beisammen und diskutieren über die jüngsten Ergebnisse des kubanischen Nationalsports - Baseball. Manche folgen auch einfach nur schnelleren Schrittes ihrem Weg zur Arbeit oder schlendern gemächlich nach Beendigung derselben heimwärts.
In der Mitte der Grünoase befindet sich eine Statue von Jose Marti (1853 - 1895), einem kubanischem Poeten, Schriftsteller und Revolutionär, der aufgrund seines Widerstandes gegen die spanische Kolonialherrschaft zum Symbol des kubanischen Unabhängigkeitskampfes wurde.
Marti war zudem Freimaurer, Politiker und einer der ersten kubanischen Sozialisten. Er setzte sich gegen das extreme Ungleichgewicht der sozialen Schichten, vor allem der ländlichen Bevölkerung ein. Letzteres und die Tatsache, dass er gegen die Spanier siegreich war, macht Marti zu einem der kubanischen Lieblingsvolkshelden.
Marti ist es auch zu verdanken, dass die wichtigsten Führer des Guerillakriges, Maximo Gomez und Antonio Maceo den Krieg gegen Spanien wieder aufnahmen. Auch wir kennen etwas von diesem kubanischen Nationalhelden, dessen Denkmal nicht nur hier, sondern vor jeder Schule Kubas zu sehen ist: das unvermeidliche Lied, das jeder Kubaurlauber spätestens am Ende seiner Reise auswendig kann, die Guantanamera.
Wir machen ein paar Fotos vom Denkmal des Literaten, würdigen die Königspalmen, Nationalbäume Kubas und auch in der Guantanamerra besungen „… de donde crece la palma” (aus dem Land der Palme) eines respektvollen Blickes und wenden uns dann den anderen Sehenswürdigkeiten rund um den Parque Central zu.
Geschäft nur für Einheimische |
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Gleich hinter Herrn Marti fasziniert eine prachtvolle Fassade im eklektischen Stil. Reich verzierte Fenster und Türen gibt es zu sehen, Türmchen mit Frauengestalten und anderen Zierrat, der das Auge auf sich zieht. Es handelt sich um Havannas Gran Teatro, das 1914 erbaut und 1938 offiziell eröffnet wurde. Zum damaligen Zeitpunkt war das Bühnenhaus auch als Teatro Tacon bekannt. Heute ist das Theater vor allem wegen des Kubanischen Ballets berühmt.
Rechts neben dem Gran Teatro befinden sich zwei sehr bekannte Hotels. Das Inglaterra ist das älteste Hotel Havannas. 1928 im klassizischten Stil erbaut, strahlt es auch heute noch eine gewisse Eleganz aus. Es zählte zu den ersten Hotels Havannas, welches den besonderen Luxus von en suite Bädern und Einzelzimmern bot. Auf der straßenseitigen Terrasse kann man Nachmittags in Ruhe einen Cocktail zu sich nehmen und einer der Bands lauschen, die hier spielen.
Gleich ans Inglaterra angrenzend befindet sich ein weiteres Hotel, das Telegrafo. Auch diese Herberge ist altehrwürdig (beide Hotels behaupten von sich, das älteste der Stadt zu sei), denn es wurde unmittelbar nach Errichtung der ersten Telegrafenstation in Kuba eröffnet. Auf der Gästeliste des Telegrafo ist unter anderem auch Archäologe und Troja-Entdecker Heinrich Schliemann zu finden.
Hotel Florida |
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Bar-Restaurant in der Obispo |
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Wir drehen Theater und Hotels nun den Rücken zu und gehen Richtung Habana Vieja, dem alten Havanna. Keine 5 Schritte (na gut, sollen es in Wirklichkeit 100 Schritte sein) von unserem Hotel entfernt befindet sich El Floridita, jene berühmte Bar, in welcher Hemingway seinen Daiquiri einzunehmen pflegte. Evelio meint, dass wir heute hier unser Mittagessen einnehmen werden. Wir sind gespannt.
Durch die Calle Obispo, einer Fußgängerzone, schlendern wir durchs alte Havanna. Viele schöne Häuser sind hier zu sehen. Koloniale Paläste wechseln einander mit Hotels im Stil der Jahrhundertwende ab, dazwischen gibt es Museen oder öffentliche Gebäude. Teilweise sind die Prachtbauten bereits vorsichtig renoviert, teilweise arg verfallen, teilweise aber auch schlimm modernisiert und verschandelt. Es bleibt zu hoffen, dass letzteres sich trotz den Kubanern zu wünschenden wirtschaftlichem Aufschwung auch zukünftig in Grenzen halten wird.
Wir kommen a einem einheimischen Lebensmittelladen, einem sogenannten freien Markt vorbei, in dem Kubaner gegen Pesos kaufen können, dafür aber trotzdem nichts bekommen. Es gibt hier immer noch Lebensmittelmarken, um die man sich 1 Mal im Monat Grundnahrungsmittel kostenlos holen kann. Reis, Bohnen, Zucker, Milchpulver, ein bisschen Fleisch oder Huhn.
Farmacia Taquechel |
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Vorausgesetzt natürlich, der Laden ist selbst damit versorgt worden. Satt macht die Lebensmittelration kein ganzes Monat, aber eine Unterstützung zur ohnehin dürftigen Entlohnung ist es allemal. Und wenn man es wirklich nicht will oder nicht braucht, dann kann man es immer noch eintauschen.
„Modegeschäfte” finden wir ebenfalls auf der Calle Obispo. Adidas-ähnliche Sportteile in grellen Farben werden hier ausgestellt - Nike ist buh weil amerikanisch. Schuhe scheinen der Damenwelt auch hier wichtig zu sein, denn es gibt in den Schaufenstern Absätze in schwindelerregender Höhe.
Ansonsten reihen sich hier nette Bars aneinander, wo man spätestens am Abend Live Musik hören kann. „Einfach reingehen wo es gefällt” rät Evelio auf unsere Frage nach einer Empfehlung für heute Abend.
Ecke Obispo und Mercaderes, fast schon an der Plaza de Armas, steht das Hotel Ambos Mundos. Hier hat Ernest Hemingway in den 1930er Jahren gewohnt und den größten Teil seines Romanes Wem die Stunde schlägt geschrieben. Das Hotel hat ein unvergleichliches Ambiente, geprägt durch einerseits den sachlichen Stil der damaligen Zeit, andererseits durch überraschende Kunstgegenstände und dekorative Elemente wie z.B. der Brunnen in der Lobby, in welchem Schildkröten gehalten werden.
Hinter dem immer noch funktionstüchtigen alten Otis-Aufzug gibt es eine kleine Ecke mit Erinnerungsfotos von Hemingway, die man kostenlos besuchen kann. Das tun wir und sehen uns in der geschmackvollen Lobby um, während ein Pianist Jazz vor sich hin klimpert und die Deckenventilatoren unter leisem Surren einen kühlen Luftzug erzeugen. Sehr stilvoll!
Nur wenige Schritte entfernt befindet sich das ebenfalls schöne Hotel Florida, wo wir kurz hineinschauen. Die marmornene Statue einer halbnackten Dame im Art Deko Stil liegt in der Eingangshalle malerisch hingegossen und heißt die Besucher auf laszive Art willkommen. Das Florida war einstmals eine koloniale Villa, die erst später zu einem Hotel umfunktioniert wurde.
Die typischen Stilelemente jener Zeit wie z.B. der mit Grünpflanzen geschmückte Patio, Mosaiken und prächtige Säulen sowie der elegante Geschmack seiner früheren Besitzerin sind immer noch zu sehen und verleihen dem mittlerweile sehr begehrten Hotel sein besonderes Flair.
Mercaderes |
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Mercaderes |
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Unser nächster Halt ist die Plaza de la Catedral. Dominiert wird der heimelige Platz zweifelsohne von der Cathedrale, von der ein Dichter einmal schrieb, ihr Gemäuer erinnere an den sich kräuselnden Rauch einer Havanna Zigarre. Das mag am weichen Kalkstein liegen, an dem der Zahn der Zeit seine Spuren hinterlassen hat und der ein wenig an Meeresschnecken und Muscheln erinnert.
Evelio lässt sich im Schatten eines der großen Sonnenschirme vom Café nieder während wir die Kathedrale zuerst innen besichtigen und dann auf einen der beiden ungleichen Türme klettern. Der rechte Turm, der auch für Besteigungen geöffnet ist, ist der höhere und beherbergt die große Glocke San Pedro aus Spanien und die kleine San Miguel aus der Provinz Matanzas. Schlagen hört man die Glocken nicht mehr, was uns angesichts der arg rostigen Aufhängungen eigentlich recht beruhigt.
Von hier oben hat man einen schönen Blick auf Wäschestillleben der umliegenden Wohnhäuser, abstrakte Ornamente aus Taubenkot und die Plaza de la Catedral zu unseren Füßen. Sie ist gesäumt vom Palacio de los Condes de Lombillo im Osten.
Plaza de la Catedral |
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Plaza de la Catedral |
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Einem Kolonialbau mit hohen Arkaden, blauen Fenster- und Türläden und einer Wolke purpurner Bougainvilleablüten, die sich vom Balkon im ersten Stock auf das Kopfsteinpflaster ergießt. Anfang des 20. Jahrhundert zog die Post in den ehemaligen Adelspalast, woran ein Briefkasten in Form einer griechischen Theatermaske erinnert.
Genau gegenüber dem Gotteshaus steht der Palacio de los Condes de Bayona, in welchem einstmals die Rumfabrik Havana Club ihren Sitz hatte. Heute ist das Museo de Arte Colonial in diesem ältesten Gebäude am Platz untergebracht.
Blick auf's Kapitol |
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Das Eckgebäude ist die Casa de Banos, das Badehaus. Im 16. Jahrhundert befand sich hier nämlich eine Zisterne, auf der im 19. Jahrhundert ein Badehaus errichtet wurde. Jetzt sind es Ausstellungsräume einer Galerie. Und daran anschließend ist eben jenes Restaurant, wo unser Führer Evelio im Schatten sitzt und wartet, dass wir uns satt gesehen haben.
Ein bisschen muss Evelio noch sitzen, denn das bunte Treiben auf der Plaza ist faszinierend. Unter den Arkaden posiert ein älterer Senor mit Panamahut und dicker Zigarre für 1,- CUC und bringt damit kubanisches Flair auf die Fotos und Essen in seinen Topf.
In der Ecke neben dem Restaurant thront eine Schwarze ganz in weiß gekleidet hinter einem Tischchen voll obskurer Gegenstände. Sie ist eine Santeria-Wahrsagerin, die sich mit einem Blick in die Zukunft ihr Geld verdient. Und vor dem Kolonialmuseum spielt eine Altherren-Band Son. Das ist Kubafeeling!
Als wir wieder herunterkommen schlägt Evelio vor, das Havana Club Rum-Museum zu besuchen. Ja gerne, machen wir! Gegen 7,- CUC pro Person bekommt man hier alles erklärt über den Anbau von Zuckerrohr bis zur Herstellung von Rum.
Eine kleine Kostprobe zum Abschluss ist auch inkludiert. Zunächst müssen wir jedoch ein paar Minuten warten, bis die nächste deutsche Führung beginnt. Sehr gut, wo gibt's hier was zu trinken bitte? Wir sind am Verdursten!
Zu trinken gibt's gleich im Patio einen Cocktail aus frisch gepresstem Orangensaft, Zucker und natürlich Rum. Egal, her damit. Karin stürzt das wohlschmeckende Getränke hinunter wie Wasser. Ah, hilft ein bisschen … und macht sehr glücklich!
Die Führung durch das Museum ist tatsächlich interessant. Wir lernen die verschiedenen Rumarten und ihre Verwendung kennen und auch, dass der Rumpreis in Kuba staatlich geregelt ist. Egal wo, für 1 Flasche Havanna Club 3 Jahre zahlt man überall gleich viel. Eine kleine Modelleisenbahn zeigt den Transport von Rohstoffen zur Rumerzeugung und erfreut sich nicht nur bei den Kindern großer Beliebtheit.
Nach dem Rum-Museum geht es ans untere Ende der Plaza de Armas, gleich neben das noble 5 Sterne Hotel Santa Isabel. Hier werden wir auf ein Zigarrengeschäft hingewiesen, wo man wirklich echte und gute Rauchwaren mit Zertifikat kaufen kann. Das ist vor allem dann notwendig, wenn man mehr als 20 Stück Zigarren ausführen möchte. Sonst gibt es nämlich Probleme beim Zoll.
Und weil des Glücks noch nicht genug ist, steht als nächstes der Besuch von La Bodeguita del Medio am Programm. "Hier liebte Ernest Hemingway es, seine Mojitos einzunehmen" - so heißt es zumindest in diversen Reiseführern und auch dem kubanische Ministerium für Tourismus ist diese Behauptung ganz recht, lockt sie doch Besucher an. Glaubt man dem damaligen Eigentümer der Bodeguita, den Angestellten und auch seinem besten Freund, so stimmt das nicht wirklich und auch die Inschrift an der Wand scheint nicht die Ernest Hemingways zu sein. Doch egal, ob hier nun Berühmtheiten ihren Mojito getrunken haben oder nur Leute, denen einfach die Geschichte gefällt und das Gesöff schmeckt, wir tun es ihnen gleich.
In der ehemalige Kneipe der Arbeiter wird der kubanischste aller Cocktails am laufenden Band gemixt. Limettensaft, 1 gehäufter Esslöffel Zucker, ein Zweig frischer Minze. Das Ganze mit einem Stössel andrücken. Dann kommt Eis in die Gläser bis zum Rand, ein ordentlicher Schuss Havana Club 3 Jahre und ein Spritzer Soda. Fertig!
Wir lehnen an der Theke, wippen mit den Hüften zu den Salsaklängen, die eine Band live von sich gibt, nippen an unseren Mojitos und lesen das Gekritzel an der Wand. Erstaunlich, was da alles zu lesen steht.
In dem winzigen Raum ist ein ständiges Kommen und Gehen. Die Mojitos scheinen irgendwie aus einer geheimen Quelle zu sprudeln und die Touristen hatschen einander auf die wippenden Zehen. Evelio grinst und zuckt die Schultern. Wir trinken aus und gehen.
Wieder zurück auf der Plaza de Armas nehmen wir nun den Platz selbst in Augenschein. Er ist mit einem hübschen Park begrünt, gesäumt von Schatten spendenden Bäumen. Ein Bücherflohmarkt findet gerade statt und an den Ständen gibt es viel Interessantes zu sehen. Revolutionäre, schon recht abgegriffene Werke von Che und Fidel, alte Pins aus aller Herren Länder, antiquarische Postkarten und noch einiges mehr.
während der Pferdekutschenfahrt |
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während der Pferdekutschenfahrt |
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Vor den Palästen des Gouverneurs und des Vizegouverneurs, die den Platz auf einer Seite begrenzen, liegt „Flüsterbelag” aus Eisenholz auf der Straße, damit die spanische Siesta von lautem Hufgetrappel nicht gestört wurde. Die Herren konnten sich's richten.
Dunkle Schönheiten in bunten langen Röcken und mit Körben voller Seidenblumen am Arm bieten ihre geschürzte Lippen zum Kuss. Sie wollen in ihren Kostümen die kolonialen Erinnerungen wieder aufleben lassen und die Küsse schmecken gleich weniger süß wenn man weiß, dass jeder 1,- CUC kostet.
Am unteren Ende des Platzes, gleich bei der Festung La Fuerza, stehen Pferdekutschen. In eine solche steigen wir jetzt und ruckeln gemütlich durch die alten Straßen zu El Floridita, wo unser Mittagessen wartet. Angenehm ist es, dass wir in der zunehmend drückenden Hitze nicht mehr laufen müssen.
El Floridita |
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In El Floridita haben wir einen Tisch im hinteren Bereich. Genau in der Mitte, sodass wir alles gut überblicken können. Ganz klassisch wie Ernest, nehmen wir einen Daiquiri als Aperitif. Zum Essen gibt es dann Bier. Cristal ist zwar das leichtere, Alkohol ist aber trotzdem drinnen. Langsam werden wir ziemlich fröhlich!
Zu essen gibt es Salat, Suppe, eine Fischplatte mit Gemüse, Eis und zum Abschluss Kaffee. Da Essen ist durchwegs genießbar, allerdings kaum gewürzt. Die Verwendung von Salz grenzt in Kubas Küche schon fast an Raffinesse, wie wir im Laufe unsere Urlaubs immer wieder erfahren werden.
Während des Mittagessens entwickelt sich eine Unterhaltung mit Evelio. Wir plaudern über Kuba, die DDR, wo er 2 Jahre als Dolmetscher gearbeitet hat, das kubanische Frauenbild und den Machismo (während Alexander auf der Toilette ist) und anderes Interessantes.
El Floridita |
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El Floridita |
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„Alles Schlechte kommt aus dem Norden” sagt Evelio und meint damit das Wetter und die Amis. Wie ernst er diese Aussage wirklich nimmt, entzieht sich unseren Kenntnissen.
Am DamenWC ist wieder mal eine Schlange. Karins Frage „Are you queueing?” beantwortet sie sich gleich selbst mit „What else?!”. Natürlich ist auch den anderen anwesenden Touristinnen die Nespresso Werbung und vor allem George Clooney ein Begriff und so geht ein verständnisinniges Seufzen durch die wartende Damenschaft.
Als wir El Floridita verlassen merken wir, dass es zwischenzeitlich ordentlich geregnet hat. Gutes Timing, denn jetzt herrscht strahlender Sonnenschein!
In diesem legen wir nun den kurzen Weg vom El Floridita über den Parque Central zum Capitolio zurück. Das Gebäude ist eine nahezu originalgetreue Kopie seines Vorbildes in Washington - nur einen Meter höher. Längenvergleiche sind offensichtlich auf für manche Politiker wichtig.
Ab 1929 tagten hier Senat und Repräsentantenhaus, seit der Revolution sind die Akademie der Wissenschaft und ein Museum darin untergebracht. Als wir die Treppen zum Eingang hinaufgehen begrüßen uns zwei walkürenartige Statuen, welche „Arbeit” und „Kunst” symbolisieren. In der wirklich monumentalen Eingangshalle markiert ein in den Boden eingelassener Diamant den 0-Kilometer der Autobahn von Havanna nach Santiago de Cuba. Ein Einfall Diktator Machados.
Wir wandern durch das Gebäude von Raum zu Raum. Evelio raucht überall. Egal ob Repräsentations- oder Konferenzraum, er qualmt. Und … es ist überall erlaubt!
Nach dem Besuch des Capitolio geht es nun zu einer Oldtimer-Rundfahrt. Oh ja, bitte! Genau so etwas gehört für uns einfach zu einem Havannaaufenthalt. Schon zuvor haben wir viele der schönen alten Ami-Schlitten gesehen und Karin hat bei einem Cabriolet in Pink begeistert aufgejubelt. Wir sind uns nicht sicher, ob es nun Glück oder doch Evelios Aufmerksamkeit zu verdanken ist, denn just mit jenem rosafarbenen Nostalgiefahrzeug soll es jetzt losgehen.
Park Miramar, Ficus Benghalensis |
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Der Fahrer namens Alejandro wird uns vorgestellt und schon nehmen wir auf dem verschlissenen Kunstleder der Rückbank Platz. Das Auto ist wirklich großartig und sieht aus, als würde es teilweise nur mehr von der dicken Lackschicht zusammengehalten werden. Alejandro muss nicht nur Fahrer sondern gleichzeitig auch sein eigener Mechaniker sein. Solche Autos sind Familienbesitz. Wer eins hat ist gut dran und pflegt und pflegt. Verkaufen? Nada! Neues? Nada!
Evelio macht uns darauf aufmerksam, dass alle Autos verschiedene Kennzeichenfarben haben. So erkennt man gleich, was für ein Verkehrsteilnehmer da neben oder vor einem fährt. Die Farblegende: blau - staatlich, gelb - privat, rot - Tourismus (Mietwagen), schwarz - Botschaften, grün - Militär, braun - Regierung.
Wir fahren entlang dem Malecon, der Uferpromenade, die bei allen Habaneros sehr beliebt ist. Hier wird vor allem abends flaniert, geflirtet und dem Tag beim Vergehen zugesehen. Man genießt die Wärme, welche die Steine tagsüber speichern und abends noch ausstrahlen. Ein Umstand, den wir, die wir über unsere dünnen T-Shirts und kurzen Hosen mehr als froh sind, uns im Augenblick gar nicht vorstellen können.
Genau gegenüber der Interessenvertretung der USA - eine Botschaft gibt es mangels guter Beziehung hier auf Kuba nicht - befindet sich der Demonstrationsplatz, auf dem die Habaneros ihrem Unmut Luft machen können. Die Lage entbehrt nicht eines gewissen Zynismus und ist sicher nicht zufällig gewählt.
Hotel Nacional |
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Havanna |
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Havanna |
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Durch das Botschaftsviertel fahren wir als nächstes. Hier ist die Stadt ganz anders als im alten Viertel. Viel Grün mit altem Baumbestand und schöne Villen, die doch um einiges besser erhalten bzw. renoviert sind, als die großen Häuser in Havana Vieja. Miramar heißt dieser Stadtteil, der ein Nobelviertel also quasi das Döbling von Havanna ist.
Bei einem Park mit einem kleinen Pavillon in neoklassizistischem Stil machen wir Halt. Die Attraktion dieses Ortes ist aber nicht der erwähnte Bau, sondern mehrere Ficus-Riesen mit vielen, unglaublich dicken Luftwurzeln. Was die Botanik verliebte Karin vorerst für einen Ficus benghalensis hält, stellt sich später als Ficus crassinervia, eine hier heimische Art heraus, die auf kubanisch Jagüa genannt wird. In ihrem Schatten streifen wir durch das Grün und nehmen ein paar Fotos auf.
Die werden dann dem zu Hause gebliebenen Ficus benjamini gezeigt - mit lieben Grüßen von der Verwandtschaft in Kuba und dem dringenden Ermahnen, gefälligst auch so zu wachsen und zu gedeihen.
Christoph-Kolumbus-Friedhof, Mausoleum der Feuerwehrmänner |
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Christoph-Kolumbus-Friedhof, Mausoleum der Feuerwehrmänner |
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Nach diesem kurzen Stopp fahren wir weiter zum Cementerio Cristóbal Colón. 56 Hektar ist diese Stadt der Toten groß und nicht nur Friedhof, Pilgerort und seit 1987 auch kubanisches Nationaldenkmal. Tatsächlich ist die Beerdigungsstätte nicht nur riesig groß sondern auch wunderschön.
Wir sehen viele Grabmäler und Mausoleen aus weißem Marmor. Besonders erwähnenswert ist das Mausoleo de los Bomberos. Es erinnert an 28 Feuerwehrmäner, die 1890 beim Einsatz gegen ein Großfeuer in Havanna ums Leben kamen. Die Gedenkstätte für diese Helden ist gleichzeitig das höchste Gebäude auf dem Areal.
Für uns ist auffällig, dass es so gut wie keine Blumen hier gibt. „Die gehören nach Hause in die Vase aber nicht auf den Friedhof” meint Evelio. Wahrscheinlich hat er schon recht, dass die Lebenden mehr Freude an einem bunten Strauß haben. Eine Ausnahme bildet das Grab von Amelia Goyri. Sie wird auch La Milagrosa, die Wundertätige, genannt und gilt als Beschützerin kranker Kinder und unfruchtbarer Frauen. Natürlich gibt es zu Amelias Wundertätigkeit ein Legende.
Die junge Frau war schwanger im 8 Monat, als man feststellte, dass ihr ungeborenes Kind bereits im Mutterleib verstorben war. Bei der darauffolgenden Notoperation kam auch Amelia ums Leben. Mutter und Kind wurden beerdigt, der Fötus zu Füßen der Frau. Bei einer Exhumierung einige Jahre später wurden beide Leichname ohne Verwesungsspuren vorgefunden und das Ungeborene lag in den Armen der Mutter. Soweit zu Wunder Nr. 1.
Amelias Witwer hatte seine Frau sehr geliebt und kam bis zu seinem Tod tagtäglich mit Blumen an ihr Grab, um mit ihr Zwiesprache zu halten. Seinen Besuch kündigte er durch Klopfen an den Metallringen der Grabplatte an und er verließ die Gedenkstätte auch stets rückwärts gehend.
Später kam er zu ein wenig Reichtum und die Habaneros, die sein Verhalten am Friedhof beobachtet hatten, führten den Geldsegen auf eben jenes Ritual zurück. Seither kommen Pilger an Amelias Grab, bringen frische Blumen und klopfen auf ihre Grabplatte in der Hoffnung, entweder Kinder zu bekommen, zu genesen oder reich zu werden.
Dass es doch hin und wieder zu funktionieren scheint, bezeugen die vielen Votivtafeln und Blumen, die als Dank für Kinder und erfüllte Wünsche dargebracht werden. Das ist also Wunder Nr. 2. Nach ein wenig Schlendern zwischen den stillen Denkmälern geht es zur nächsten Sehenswürdigkeit, die allerdings weniger für ihre Stille berühmt geworden ist.
Christoph-Kolumbus-Friedhof |
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Christoph-Kolumbus-Friedhof |
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Bevor wir dort ankommen, gibt es aber noch ein für so eine Oldtimer-Rundfahrt typisches Erlebnis. Bei einer Kreuzung ruckelt und qualmt unser Traum in Pink plötzlich, will sich aber partout nicht mehr von der Stelle bewegen. Kein Problem!
Alejandro winkt die anderen Fahrzeuge an uns vorbei, schnappt einen Schraubenschlüssel und einen Lappen und verschwindet mit dem halben Oberkörper im Motorraum. Ein bisschen Klopfen, ein wenig Rütteln, Deckel zu, Finger abgewischt und schon geht's weiter. Wenn man so ein Auto hat, muss man wirklich sein eigener Mechaniker sein!
Auf dem Platz der Revolution bleibt unser Cabrio stehen. Dort, wo Fidel seine Endlos-Reden gehalten hat, stehen wir jetzt auch. 2 Millionen Leute passen auf die Fläche zwischen den Gebäuden, deren Wände von den Portraits von Che Guevara und Camillo Cienguegos geziert werden. 2 Millionen - das sind so viele Menschen, wie Havanna Einwohner hat! Zwar stehen sie dann hier dichtgedrängt wie Sardinen, aber das sind sie ohnehin gewohnt, da in Habana Centro 10 Personen pro Quadratmeter leben.
Das Hotel National steht nun noch auf unserer Liste der zu besuchenden Sehenswürdigkeiten. Einst war es, wie der Name schon nahelegt, eine staatliche Einrichtung. Doch jetzt ist die noble Herberge in Privatbesitz. Die Lobby ist riesig und durch die hohe Decke angenehm kühl. Alles ist bunt verfliest - eines der wenigen Tribute an den Mudejar-Stil hier in Havanna.
Im hinteren Bereich gibt es eine kleine „Hall of Fame” mit Fotos von berühmten Besuchern an den Wänden. Von Fred Astair über Muhammed Ali bis zu Simon Bolivar waren sie alle hier.
Hotel Nacional |
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Das Swimmingpool liegt verweist im Schatten, doch im terrassenartig angelegten Park mit Blick auf das Meer ist einiges los. Hier sitzen Herren in weißem Leinen mit Panamahut und Damen in wehenden Röcken und nippen an ihren eisgekühlten Mojitos oder Daiquiries. Ein sehr gediegenes Flair und ein Ort, der zum Verweilen einlädt. Wir tun das allerdings nicht, denn unsere Rundfahrt neigt sich dem Ende zu.
Vorbei am Castillo San Salvador de la Punta und dem unteren Ende des Prado landen wir schließlich wieder vor dem Kapitol, dem Ausgangspunkt unserer Fahrt. Vielen Dank Alejandro, es hat uns sehr gut gefallen!
Evelio bringt uns noch zum Hotel und wir verabreden uns für morgen um 08:30 zu unserem Ausflug nach Pinar del Rio & Vinales. Wir wollen noch Nüsschen kaufen und gehen deswegen in das vermutete Kaufhaus vis-a-vis und anschließend durch die Calle Obispo.
Die Nusssuche ist allerdings nicht von Erfolg gekrönt. In der Bodeguita del Medio kehren wir ersatzweise nochmal auf einen Mojito ein. Eine Band spielt Salsa - what else? - und wir wippen begeistert mit.
Später am Abend, nachdem wir uns am Zimmer ausgeruht und frisch gemacht haben, gehen wir dann nochmals durch die Obispo auf der Suche nach einem Lokal für unser Abendessen. So richtig will uns nichts ansprechen und so landen wir schließlich in einer Art begrüntem Innenhof namens Bosque Bologna auf etwas unbequemen Metallsesseln.
Bezüglich Essen gibt es ohnehin so gut wie keine Auswahl und was dann serviert wird ist etwas grauslich. Alexanders Hühnchen - ein bisschen sehr fett, Karins Schrimps - ein bisschen sehr geschmacklos. Beides mit Salat aus der Dose und „Mauren und Christen”, weil was anderes gibt's als Beilage nicht. Dazu Cristal Bier und Live Musik. Diese Art von Abendunterhaltung ist ziemlich naja!
Am Retourweg kehren wir dann im El Floridita auf einen Good Night-Daiquiri ein und … Bananenchips! Endlich etwas Essbares, das nicht nur satt macht sondern auch nach etwas schmeckt.
Nach einem langen, ereignis- und alkoholreichen Tag sind wir froh, nicht mehr weit in unsere Betten zu haben, wo wir bald fest schlafen. Bis morgen dann!