Makrofotografie

Makrofotografie ist vereinfacht beschrieben das Fotografieren mit großen Abbildungsmaßstäben. Wobei mit „groß” ein Maßstab von mindestens 1:2 (Abbildung ist halb so groß wie das Objekt) besser 1:1 (Objekt wird in Originalgröße abgebildet) gemeint ist.

Das bedeutet, dass das Abbild Deines Motivs entweder halb oder genau so groß wie das Motiv selbst ist. Viele kleine Dinge wie Pflanzen, Insekten, Münzen, etc., an denen Du möglicherweise sonst ohne Beachtung vorbei gegangen wärst, erscheinen so plötzlich beeindruckend formschön und vielfältig.

Eine einfache Frage
Welche Farbe hat ein Apfel?

Wenn Dir spontan die Farben rot oder grün einfallen, dann betrachte den nächsten Apfel bitte mal ein wenig genauer. Ich vermute, dass es nirgends auf der Welt einen Apfel gibt, der nicht auch Gelb- oder Orangetöne hat und einen wunderbar knorrigen braunen Stiel. Was hat dies nun mit Makrofotografie zu tun? Widme den Gegenständen in Deiner Umgebung Deine volle Aufmerksamkeit und sie werden mit nie gesehener visueller Pracht für Dich erstrahlen.

Makro-Fotografie liegt diametral gegenüber der Schnappschuss-Fotografie. Wer sich nicht mit Bildkomposition, Ausleuchtung und Schärfentiefe (mehr oder minder) intensiv auseinandersetzten will, der wird leider nur sehr selten gute Ergebnisse erhalten.

Nach obenViele Wege führen nach Rom: Makro-Objektive, Zwischenringe, ....

Es gibt wie immer mehrere Wege um ans Ziel zu kommen - manche lassen sich sogar kombinieren und klarerweise hat jeder seine charakteristischen Vor- und Nachteile. Die 3 mir bekanntesten Möglichkeiten sind:

Nach obenMakro-Objektive

Makro-Objektive können mit einem besonders geringen Objektabstand eingesetzt werden und ermöglichen es dadurch, ohne weiteres Zubehör einen besonders großen Abbildungsmaßstab zu erzielen.

Einige Hersteller bezeichnen ihre Objektive (meist handelt sich dabei um Zoomobjektive) als „Makro”-Objektive, obwohl diese nur einen Abbildungsmaßstab von 1:4 oder sogar weniger erreichen. Das mag schon etwas mehr als bei herkömmlichen Objektiven sein, aber echte Makro-Objektive müssen mindestens einen Abbildungsmaßstab von 1:2 erreichen - alles andere ist nur Marketing.

In der Natur - bei lebenden Objekten besonders - brauchst Du oft einen größeren Abstand zum Motiv, da dieses sich sonst bedroht fühlt und rasch das Weite sucht. Als optimale Länge empfinde ich eine Brennweite von 100mm.

Der engere Bildwinkel macht es Dir auch einfacher, mit nur einem kleinen Kameraschwenk einen „besseren” Hintergrund ins Bild zu bekommen. Meine Wahl fiel auf das Tokina AT-X M100 PRO D - 100mm F2.8.

Nach obenZwischenringe und Balgengeräte

Zwischenringe werden zwischen dem Body Deiner Kamera und dem Objektiv eingefügt und vergrößern so die Bildweite. Balgengeräte erfüllen den gleichen Zweck wie Zwischenringe, erlauben jedoch eine kontinuierliche Auszugsverlängerung.

Bei Balgengeräten besteht oft die Schwierigkeit, dass wichtige Kamerafunktionen (wie z.B. Blendensteuerung, Autofokus, usw.) nicht mehr zum Objektiv „durchgereicht” werden und Du alle Einstellungen händisch durchführen musst.

Als großen Nachteil der Zwischenringe und des Balgengerätes empfinde ich den Lichtverlust. Objektive sind so gerechnet, dass sie auf dem Sensor ein Bild erzeugen, welches optimal „hineinpasst”.

Wird aber der Abstand zwischen Objektiv und Sensor größer, wird auch der Bildkreis größer und die ursprünglichen Berechnungen stimmen nicht mehr. Ein mehr oder minder großer Teil des gesamten durch das Objektiv einfallenden Lichts trifft nicht mehr den Sensor.

Nach obenVorsatz- oder Nahlinsen

Nahlinsen werden vor Dein Objektiv geschraubt und verändern so die Brennweite des Systems. Dadurch ist es möglich näher an den Gegenstand heranzugehen und so den Abbildungsmaßstab zu verändern. Du setzt sozusagen eine Lupe vor das Objektiv.

Gute Nahlinsen sollten anastigmatisch sein, da solche Nahlinsen besser gegen Abbildungsfehler korrigiert sind. Alle Funktionen (wie Autofokus, Blendensteuerung, ...) tun weiter ihren Dienst.

Nach obenDie Varianten im Vergleich

VarianteVorteileNachteile
Makro-Objektivestufenlose Entfernungseinstellung bis 1:2 oder sogar 1:1
teuer
Zwischenringepreiswerte MöglichkeitLichtverlust durch die Auszugsverlängerung
nur stufenweise Veränderung möglich
Balgengeräte(fast) beliebige Auszugsverlängerung möglichstarke Lichtverluste durch die Auszugsverlängerung
Nahlinsenkaum Lichtverluste
einfach zu handhaben
für jeden Maßstab und jeden Objektivdurchmesser ist eine eigene Linse notwendig
Retroadapterpreiswerte Möglichkeitverkürzen die Schärfentiefe drastisch, Bildqualität leidet am Bildrand etwas

 

Nach obenSchärfentiefe & Beugungsunschärfe

Schärfentiefe - ein ständiger „Kampf”! „Was ist Schärfentiefe?” Unter Schärfentiefe versteht man den Bereich im Foto, welcher scharf abgebildet wird. Die Größe bzw. die Tiefe dieser Schärfeebene wird von drei Faktoren bestimmt.

Die Schärfentiefe wird geringer, ...

Rose Grimaldi
IconRose Grimaldi

 

Zum besserem Verständnis treffen wir mal folgende Annahmen: Wir nehmen ein 100mm Objektiv, stellen eine offene Blende 2.8 ein und unser Objekt liegt 30cm vor uns. Mit diesen Bedingungen wird alles von 29.96cm bis 30.04cm scharf abgebildet (Berechnung siehe Schärfentiefe-, Abbildungsmaßstab- und Nahlinsenrechner). Das sind ein klein wenig mehr als 0.84mm! Nicht wirklich viel.

Also ändern wir unsere 3 Faktoren - Blende, Brennweite und Objektentfernung - so, dass die Schärfentiefe größer wird. Die Brennweite kann nur bedingt geändert werden - durch einen Objektivwechsel - also zu vernachlässigen. Die Objektentfernung lässt sich gut beeinflussen. Wir können uns vom Objekt (z.B. ein Insekt) soweit entfernen, dass es über die gesamte Tiefe scharf ist.

Dies würde aber eine Entfernung von etwa 90cm bedeuten und das hat dann wieder zur Folge, dass das Insekt zwar komplett scharf ist, aber auch auf dem Bild nur noch sehr klein und daher mit weniger Details abgebildet wird. Auch nicht wirklich optimal.

Also verändern wir die Blende. Dies geht schnell und einfach und hat einen deutlichen Einfluss auf die Schärfentiefe. Wählen wir anstatt Blende 2.8 nun Blende 22, dann beträgt die Schärfentiefe bereits mehr als 6mm, welches sicher ausreicht das gesamte Insekt scharf abzubilden. Doch halt, die Sache ist nicht ganz friktionsfrei.

Durch die kleine Blende dringt nur mehr wenig Licht auf unseren Chip. Um richtig zu belichten müssen wir die Verschlusszeit deutlich verlängern, was uns zur Bewegungsunschärfe führt. Sie entsteht durch Bewegung des Objektes und/oder Deiner Kamera.

Taglilie
IconTaglilie

 

Eines der größten Probleme der „outdoor” Makrofotografie ist der Wind. Es reicht schon der geringste Luftzug um z.B. eine Blume so zu bewegen, dass ein punktgenaues Scharfstellen nicht mehr möglich ist. Dieses Schaukeln, lässt sich manchmal durch Abstützen (z.B. durch kleine Äste) ein wenig minimieren.

Als weiteres Handicap bei kleinen Blenden ist die Beugungsunschärfe erwähnenswert. Vereinfacht beschrieben, werden Lichtstrahlen, welche am Rand des Objektivs eindringen, gebeugt/abgelenkt und treffen dann auf eigentlich falsche Bereiche des Fotos. Solange die Blende weit geöffnet ist, fällt dies kaum auf, weil der Anteil dieser Randlichtstrahlen im Verhältnis zu denen, die richtig durch das Objektiv fallen, recht gering ist.

Wenn Du aber die Blende schließt, sinkt die Zahl der mittleren Lichtstrahlen proportional viel stärker als die der Randlichtstrahlen (Kreisfläche zu Kreisumfang), so dass die Beugungsunschärfe deutlich sichtbarer wird. [Quelle: Fotolehrgang im Internet] Gegen Beugungsunschärfe hilft eine weiter geöffnete Blende, was aber wieder die Schärfentiefe reduziert. Ein Hexenkreislauf!

Nach obenHintergrund

Zum Hintergrund gibt es nicht wirklich viel zu schreiben. Dieser soll möglichst unscheinbar sein und tunlichst nicht vom Motiv ablenken. Große, gleichmäßige, unscharfe Flächen sind ideal. Der Himmel ist meiner Meinung nach weniger geeignet, denn durch seine Helligkeit wird der Kontrast im Foto meist größer als es unsere CCDs verkraften können.

Nach obenStativ

Gerüchteweise soll es Situationen geben, bei denen scharfe Makrofotos freihändig gelingen. Ich habe sie noch nicht erlebt. Jeder meiner bisherigen Versuche misslang leider. Auch einige Versuch mit schnellen Serienaufnahmen (unter dem Motto „na irgendeine Aufnahme wird schon scharf werden” glückten leider nicht. Meiner Meinung nach ist ein Stativ daher unerlässlich.

Und welches Stativ ist das „Richtige” zum Makrofotografieren? Wie so oft gibt es keine Patentantwort. Stelle und beantworte Dir selbst folgende Fragen und vergleiche Sie mit den aktuellen Modellen der gängigen Markenherstellern (wie z.B: Manfrotto, Gitzo, Velbon, ...)

Ich habe mich für das Velbon Sherpa PRO CF-645 (Magnesium Metall-Legierung, Füße 4fach ausziehbar, in 3 Positionen fixierbar, 1,52kg schwer und 45,2cm im verpackten Zustand groß) und einen Kopf der Marke Markins Q-Balls Q3 entschieden. Eine für mich wunderbare Kombination!

Nach obenAutofokus oder doch nicht?

„Der Autofokus stellt automatisch auf das wesentliche Ihres Fotos scharf. Sie brauchen sich um nichts zu kümmern. Einfach draufdrücken - Fertig!”. Mit ähnlichen Worten preisen alle Hersteller ihre Kamerafunktionen an. Nur bei der Makrofotografie stimmt es leider nicht!

Der Autofokus irrt rasch hin und her und findet nie seine richtige Einstellung. Dabei handelt es sich um keine Fehlfunktion Deiner Kamera denn ein sehr kleines Objekt aufgeblendet wird nie ganz scharf sein. Also: Autofokus abschalten, manuell den gewünschten Bildausschnitt festlegen und dann durch sachtes Vor- und Zurückbewegen der Kamera die optimale Schärfe finden.

Grundsätzlich solltest Du Dir nicht von Anfang an Top-Fotos erwarten, sondern ein wenig experimentieren und viel Erfahrung im Umgang mit diesem recht anspruchsvollen Thema sammeln. Bei der Makrofotografie gehört ein gewisses Maß an Ausdauer und „Leidensfähigkeit” einfach dazu, um zumindest ein gelungenes Foto mit nach Hause zu bringen.

Ich wünsche Dir viele tolle Fotos und mindestens genau soviel Spaß bei der Makrofotografie!

Kurztipps
Blitzlichtmessung stark mittenbetont oder sogar Spotmessung benutzen
je kleiner Dein Motiv, desto größer die Wirkung, wenn Du dann das Foto vergrößert (z.B. A4) ausdruckst. Daher immer mit der besten (höchsten) Auflösung fotografieren - ein Insekt in hundertfacher Vergrößerung ist ein umwerfender Anblick
Fotografiere Kleintiere (wie z.B. Insekten, Spinnen) in den frühen Morgenstunden, da zu dieser Zeit die Tiere noch nicht ihre „Betriebs-Temperatur” erreicht haben und daher etwas behäbiger sind.
Zumindest ein Einbein-Stativ sollte bei der Makrofotografie immer dabei sein.
Beim Stativ sollte die Mittelsäule so wenig wie nur möglich ausgefahren werden.
DSLR Kameras werden beim Hochklappen des Spiegels und bei Belichtungszeiten größer 1/60sec leicht erschüttert. Dagegen hilft die Spiegelvorauslösung, welche zwischen dem Hochklappen und der Verschlussöffnung genügend Zeit verstreichen lässt.
Viele wertvolle Tipps und Platz für Diskussion mit Gleichgesinnten findest Du im Makrofotografie Forum
Spare nicht an Aufnahmen und sortiere zu Hause fleißig aus (95% ist ganz normal).
Ein seitlich platzierter Regenschirm schafft ein wenig Windschatten.
Fotografiere Dein Motiv auf Augenhöhe
Beobachte das Verhalten Deines Motivs. Insekten kehren nach ihrer Flucht vor Dir manchmal wieder zur selben Blüte zurück. Leg Dich gemütlich ins Gras, genieße die Natur und warte .
Bei offenen Blenden (z.B. 4) ist es besonders wichtig, Filmebene und Insekt möglichst parallel auszurichten, um so, trotz geringer Schärfentiefe, das ganze Objekt/Tier scharf abbilden zu können.

 

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bernd luther (E-Mail-Adresse bekannt)
schrieb am 24. Juli 2012

tolle tips. fotografier selbst schon lange, bin aber späteinsteiger im digitalbereich. technik hat ihre tücken und alter schützt vor torheit nicht. dachte immer es liegt an diesem neumodischen kram, wenn es mal nicht so klappt :-)

Gruß Derda...

 

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