Uah, guten Morgen! Heute sind wir aber wahrlich ausgeschlafen, nachdem wir gestern so kurz getreten haben. Das ist auch gut so, denn heute wollen wir Stockholm verlassen und einen Ausflug in die nahegelegene Universtitätsstadt Uppsala machen. Voller Tatendrang machen wir uns nach Morgentoilette und Frühstück auf den Weg zu T-Centralen, von wo aus uns der Zug in nur 40 Minuten in Schwedens viertgrößte Stadt an der Bevölkerung gemessen bringen wird.
Am Schalter Nr. 1 ist kaum jemand angestellt und so können wir nach wenigen Minuten unsere Tickets verlangen. Wir sind ganz erfreut, dass wir weniger bezahlen müssen, als angenommen. Da wir am selben Tag hin- und wieder retour reisen, zahlen wir nur SEK 128.- anstatt des doch wesentlich höheren Betrages, den man uns vor ein paar Tagen an der Information genannt hat. Wir sind erfreut!
Nebst unseren Fahrkarten bekommen wir noch einen Fahrplan, damit wir uns die Rückreisezeiten raussuchen können, das Abfahrtsgleis genannt und eine gute Reise gewünscht - sehr freundlich. Wenig später sitzen wir in einem modernen Zug im oberen Stockwerk und schauen durch die großen Fenster hinaus.
Uppsala, Ostra Agatan |
---|
Stockholm zieht an uns vorbei und schon bald fahren wir durch ländlichere Gegenden. Nadelwaldflecken, in denen bunte Holzhäuser sich verstecken wechseln sich mit angezuckerten Feldern ab. Wir genießen die Fahrt. Nur einmal erschrickt Karin sehr, als plötzlich und unerwartet ein entgegenkommender Zug an uns vorbei donnert. Puh, die Gleise liegen ganz schön nah beieinander!
Rund 40 Minuten später klettern wir am Bahnhof Uppsala pünktlich aus dem Wagon. Man muss die Gleise auf einem Gehweg ohne Schranken überqueren, um zum Bahnhofsgebäude zu kommen. Das vermittelt den Eindruck, dass hier nicht allzu viele Züge durchfahren und daher keine großen Sicherheitsvorkehrungen notwendig sind. Ein wenig Nostalgie kommt auf.
Im Bahnhofsgebäude suchen wir den Kiosk auf und Alexander fragt, ob er vielleicht einen kleinen Plan bekommen kann. Mit einem lächelnden „Just for you!” überreicht man ihm einen der vielen Faltpläne, auf denen die Sehenswürdigkeiten von Uppsala eingezeichnet sind. Na dann gehen wir mal auf Entdeckungsreise.
Uppsala, Gamla Torget |
---|
Uppsala, Valvgatan |
---|
Vor dem Bahnhof empfängt uns neben einem ziemlich eisigen Windstoß ein Springbrunnen von Bror Hjort, einem bedeutenden schwedischen Künstler des 20. Jahrhundert Auch wenn das Wasser jetzt nicht sprudelt, so vermitteln die Tänzer doch die für den Künstler so typische Lebensfreude, die richtig ansteckend wirkt. Wir überqueren die Straße und landen bald darauf in der Fußgängerzone.
Der Kungsangsgatan schlendern wir entlang und sehen uns die Geschäfte an, welche diese säumen. Auch hier gibt es Weihnachtsbeleuchtung, die auch im dämmrigen Tageslicht eingeschaltet ist und Straßenbänke, die mit Lauben aus Reisig und roten Bändern überdacht wurden. Zwar können wir uns nicht vorstellen, dass bei den frischen Temperaturen jemand länger darunter sitzen mag, aber es sieht ausgesprochen hübsch aus.
Am alten Markt angekommen werfen wir einen Blick auf das Rathaus und sehen durch die Gassen hindurch den Fluss Fyrisan, der durch die Stadt fließt. Wir gehen ans Ufer und bewundern den romantischen Anblick, den das von Bäumen und Bänken gesäumte Wasser bietet. In den kahlen Ästen glitzern kleine Lichter während Enten bei einer Steintreppe Brotkrümel aufpicken. Auch alte Häuser gibt es hier und wir können nur zustimmen, dass dies wirklich eine Großstadt mit Kleinstadtflair ist.
Am gegenüberliegenden Ufer sehen wir eine Touristeninformation und schon sind wir unterwegs dorthin. Sicher gibt es dort Broschuren, was man sich hier denn so alles ansehen kann. So ist es denn auch und nicht nur halten wir alsbald ein deutsches Blatt mit Plan und Sehenswürdigkeiten in Händen, die Dame unterhält sich auch noch auf Deutsch mit uns. Sehr fein!
Dom St. Erik |
---|
Als erstes besuchen wir den Dom. Das Gotteshaus, dessen Baubeginn 1270 datiert und das 1435 eingeweiht wurde, ist Skandinaviens sowohl höchste als auch größte Kirche. Die gotische Kathedrale des Hl. Erik war für viele schwedische Könige Krönungskirche und letzte Ruhestätte. Der Schutzheilige der Kirche, Erik IX. wurde der Legende nach, am Himmelfahrtstag, dem 18. Mai 1160, bei der Dreifaltigkeitskirche von Uppsala vom dänischen Fürsten Magnus Henriksson.
Seine Relikte sind in einem goldenen Schrein aus dem 16. Jahrhundert hier im Dom untergebracht. Ebenso gibt es an der Nordseite der Kathedrale eine Quelle, die an der Stelle entsprungen sein soll, an dem Erik einst sein Leben gelassen hat.
Andere bekannte Personen, deren Grabmäler sich hier in der Kirche befinden, sind Gustav I. Wasa und Carl von Linné. Weiters gibt es einen modernen Reliquienschrein, der ein Hüftbein der Hl. Birgitta von Schweden, einer Prophetin und Visionärin, enthält.
Fast erschrocken sind wir über eine ausgesprochen lebensechte Skulptur mit Namen „Marias Rückkehr”, die in gegenüber einer der Seitenkapellen aufgestellt ist. Sie zeigt eine Frau Mitte 40, die sich der Kapelle halb zuwendet. Leider waren die Erklärungen nur in Schwedisch vorhanden, sodass wir nicht mehr über die Künstlerin und die Bedeutung ihres Werkes erfahren konnten.
Im nördlichen Turm befindet sich auch noch ein Schatzkammer-Museum, in dem mittelalterliche Bischofsgewänder, Beigaben aus der königlichen Wasagrabstätte und viele anderen Kleinodien zu sehen gibt.
Dom St. Erik |
---|
Beim Verlassen der Kathedrale sehen wir das Domcafé, welches im Pfarrhaus untergebracht ist. Hier genehmigen wir uns einen Kaffee und ein kleines Stückchen Mehlspeise und wärmen uns ein wenig auf.
Wir sind gerade rechtzeitig fertig, bevor ein Bus voll russischer Damen jüngeren Alters, die allesamt hautenge Jeans und hochhackige Overknee-Stiefel mit schwindelerregenden Absätzen tragen. Wie man bei diesem Glatteis damit gehen kann? Aber die Hacken klappern laut auf den Steinböden der Pfarrei und im Dom. Wir flüchten …
Damit Alexander den Dom möglichst zur Gänze auf ein Foto bringt, klettern wir ein kleines Stück den Hang gegenüber hinauf. Halb unter einem kahlen Fliederbusch hervor lugend, entdeckt Karin ein hübsch aussehendes Gehöft. Als sie sich näher, um das Schild neben der Türe zu lesen, kommt eine ältere Dame des Weges, die uns fragt ob wie Touristen sind. Ja, wieso?
Und schon erzählt sie uns, dass es sich bei dem Gehöft um den Sitz des Erzbischofs von Schweden handelt, dass es so viele Sehenswürdigkeiten hier in Uppsala gibt, allen voran das anatonomische Theater im Museum Gustavianum gleich gegenüber, und will wissen wo wir her kommen und wie lange wir bleiben.
Wir unterhalten uns ein bisschen, bis wir schließlich zum viel gepriesenen Gustavianum abbiegen wollen und die Dame in die andere Richtung weitergeht. Erstaunlich, wie schnell man mit den Leuten hier ins Gespräch kommt.
Das Gustavianum hat leider geschlossen, weswegen uns das anatomische Theater weiterhin ein Geheimnis bleibt. Aber die Uni, die gleich gegenüber auf dem Hügel liegt, hat ihre Pforten geöffnet. Zwar ist außer dem Reinigungspersonal niemand anwesend und auch die Säle und die Aula sind abgeschlossen, jedoch haben wir so die Gelegenheit, die schöne Einganghalle in aller Ruhe zu erkunden und zu fotografieren.
1477 von Erzbischof Jakob Ulfsson und dem Herrscher Sten Sture dem Älteren gegründet, ist die Uni von Uppsala die älteste noch existierende Universität Skandinaviens. Neben Carl von Linné und Anders Celsius (der mit den Grad), hat hier auch Schwedens König Karl XVI. Gustav studiert. Durch den Seiteneingang verlassen wir die Uni wieder und gehen nun Richtung Carolina Rediviva, der Universitätsbibliothek.
Vor dem Gebäude sehen wir, dass fast alle Fahrradständer belegt sind. Fährt man denn hier trotz Glatteis und winterlicher Temperaturen mit dem Rad? Und ist das nicht rutschig? Wir sind verwundert und können unseren Augen kaum trauen, als wir tatsächlich Studenten den Hügel hinunter fahren sehen - in Höllentempo und ohne hinzufallen. Wahrscheinlich sind die das einfach gewöhnt.
fressendes Eichkätzchen im Park vor der Universität |
---|
Das Bibliotheksgebäude wurde nach Entwürfen von Carl Fredrik Sundvall in der Mitte des 19. Jahrhundert gebaut. Es beherbergt neben beachtlichen 5 Millionen Bänden und 3.500 Ragalmetern an Handschriften auch Kostbarkeiten wie den Codex argenteus, eine Silberbibel aus dem 6. Jahrhundert, sowie einige Manuskripte aus dem Mittelalter. Sowohl die Bibliothek als auch das kleine Museum darf man ohne Eintritt besichtigen.
Besonders ehrfürchtig hat uns gestimmt, dass man in den hellen Sälen mit den riesigen, bis zum Boden reichenden Fenstern, die den Blick auf die Gärten hinter der Bibliothek frei geben, in alten Originalen blättern darf. Ganz vorsichtig haben wir uns einen Band mit Stichen angesehen - unser Schwedisch reicht ja leider nicht für mehr als Bilderbuch anschauen - und direkt gewartet, dass jemand kommt und schimpft. Aber nein, das ist ganz normal hier.
Bei einem Gang durch die moderneren Räumlichkeiten der Bibliothek kommen wir an einigen Tischen vorbei, die sich unter der Last der auf ihnen gestapelten Bücher schon fast zu biegen scheinen. Ein Platz ist nicht nur oben sondern auch unten mit Literatur vollgeräumt. Jetzt verstehen wir auch, wieso die Tischplatten in regelmäßigen Abständen mit kleinen Holzleisten unterteilt sind - damit der Nachbar auch noch Platz für seine Stapel hat. Sehr belesen die Damen und Herren Studentinnen!
Noch ein Stück weiter hügelaufwärts befindet sich ein großes und weithin sichtbares Bauwerk in rosa mit zwei massiven Türmen. Es handelt sich um Schloss Uppsala, das Gustav Vasa 1549 errichten lassen hat. 1702 brannte das Schloss jedoch beinahe vollständig ab und wurde 1743-62 von Carl Hårleman möglichst originalgetreu wieder aufgebaut.
Heute dienen die Räumlichkeiten teilweise städtischen Behörden als Zufluchtsort und auch das Kunstmuseum hat hier sein Zuhause gefunden. Einstmals fand hier die Krönung von Gustav II. Adolf statt sowie die Kronniederlegung der zum Katholizismus übergetretenen Königin Kristina im Jahr 1654. Besichtigungen können im Rahmen einer Führung gemacht werden, was wir jedoch nicht in Anspruch nehmen.
Gegenüber dem Schloss erstreckt sich der Botanische Garten, in dessen Beeten und Glashäusern 13.000 Pflanzenarten kultiviert werden. Natürlich wäre Karin sehr gerne darin herumgelaufen, doch er ist leider geschlossen. Trotz der kalten Jahreszeit bietet er vom Hügel aus einen erfreulichen und sogar ein wenig grünen Anblick. Da sieht man wieder mal ganz deutlich die Vorteile eines formalen Gartens: selbst im Winter sieht er mit seinen immergrünen Beeteinfassungen aus klassischem Bux gepflegt und belebt aus.
Doch Uppsala hat ja noch einen weiteren berühmten Garten, bei welchem wir nun unser Glück versuchen wollen - Carl Linnés Garten mit zig tausenden Gewächsen, die heute wieder so angeordnet sind, wie er sie 1745 angepflanzt hat. Ein Museum mit Linnés Mineraliensammlung ist ebenfalls zu besichtigen. Wir sind gespannt!
Unterwegs kehren wir noch kurz in einem Subway ein und stärken uns an einem Chicken Teriyaki Sandwich. Es ist heiß und scharf und wärmt auch von innen. Zwar ist die Kost nicht typisch schwedisch, dafür kennen wir die Sandwichkette und wissen, dass es uns schmeckt. Dummerweise gibt es ein Gebrechen mit der Wasserleitung und so kann man hier im Lokal das WC nicht benutzen. Na, egal - das Linné Museum ist eh gleich ums Eck.
Tja, das stimmt zwar, allerdings hat es um diese Jahreszeit so wie der Botanische Garten zuvor leider geschlossen. Kein Garten, kein Museum und auch kein WC. Schade! Wir beschließen, die Fußgängerzone in Richtung Bahnhof zu gehen, vielleicht werden wir da ja fündig.
Kurz vor dem Bahnhof verrät uns ein Blick auf den mitgebrachten Fahrplan, dass in wenigen Minuten ein Zug zurück nach Stockholm geht. Eigentlich haben wir uns hier alles, was offen hat und nicht eine Busreise bedingt - Gamla Uppsala, die vorgeschichtlichen Stätten der heutigen Stadt, wäre so etwas gewesen - angesehen. Nun, dann also hinein in den Zug und zurück nach Stockholm. Etwaige andere Notwendigkeiten lassen sich dann ebenfalls in der Bahn erledigen.
Eislaufplatz am Kungsträdgarden |
---|
Zurück in Stockholm beschließen wir, noch nach Norwegerpullis in der Altstadt Ausschau zu halten. Als Mitbringsel für uns beide, welches uns auch zu Hause an unseren Winterurlaub hier erinnern soll, ist uns das gerade recht.
Auch wenn natürlich Norwegen nicht gleich Schweden ist, scheinen uns die traditionellen Muster des Nachbarlandes doch passend genug und sind uns jedenfalls lieber als z.B. ein hölzernes Dalapferd.
Tatsächlich werden wir bald fündig. In einer der Geschäftsstraßen gibt es einen Laden, der Pullis, Jacken und Accessoires von Dale of Norway führt und kurz darauf nennen wir zwei rote Pullis unser eigen, auf denen das typische Schneesternmuster in weiß und schwarz prangt. Wenn wir die anziehen, ist uns sicher so bald nicht mehr kalt.
Zum Abschluss unseres heutigen Ausflugstages schlendern wir nun noch dem Strandvägen entlang, um den schönen großen Christbaum in hell erleuchteter Pracht zu fotografieren und auch das eine oder andere der hübschen Häuser, die ebenfalls mit Weihnachtsbeleuchtungen verziert sind. Besonders hat es uns eines angetan, von dessen Dachrinne leuchtende Eiszapfen herunter hängen. Sehr nett anzusehen!
Der Wind pfeift ziemlich kalt und schon bald lassen wir das Fotografieren sein und klettern in den Bus der Linie 2, der uns zurück zu unserem Hotel bringt. Ein bisschen etwas für unser Abendessen wird noch im Supermarkt nebenan gekauft und schon sitzen wir bei heißem Tee und Broten auf unserem Zimmer und lassen den heutigen Tag Revue passieren. Schön war's, aber jetzt sind wir rechtschaffen müde. Schlaf gut, bis morgen!